USA bomben mit B 52

Neue Strategie in Afghanistan: Bombenteppiche auf Stellungen der Taliban sollen Nordallianz zum militärischen Erfolg verhelfen. Ussama Bin Laden ruft pakistanische Muslime zum Beistand auf

BERLIN taz ■ In ihrem Krieg gegen die afghanischen Taliban-Milizen setzen die USA jetzt auch verstärkt Flächenbombardements durch B-52-Bomber ein. Journalisten berichteten vom Flughafen Bagram auf dem Gebiet der oppositionellen Nordallianz, eine B-52-Maschine sei klar am Himmel zu erkennen gewesen. „Vor uns bricht der Boden auf, als eine Kette von Bomben gleichzeitig explodieren. Sekunden später folgt das Geräusch – ein lautes tiefes Donnern.“ Die B 52, der älteste Flugzeugtyp der US-Luftwaffe, kann so viel Bombenmaterial transportieren und gleichzeitig abwerfen wie weltweit kein anderes Kampfflugzeug. Nach dem Einsatz von Streubomben ist der Einsatz der B 52 die zweite Angriffsmethode der USA, bei der von „gezielten, chirurgischen Schlägen“ nicht mehr die Rede ist.

Ziel der Bombardierungen sind Taliban-Stellungen an der Front zu den Truppen der Nordallianz. Die USA setzen nach anfänglichem Zögern nun doch auf eine volle militärische Unterstützung der einzigen innerafghanischen bewaffneten Opposition. Deren Führer zeigten sich erfreut über die US-Angriffe und kündigten an, binnen weniger Tage über eine Offensive auf die strategisch wichtige Stadt Masar-i Scharif zu entscheiden. Rund 100 US-Soldaten sind auf dem Gebiet der Nordallianz, um diese zu unterstützen. Mehrfach haben sich US-Generäle mit den Führern der Allianz getroffen.

Die inzwischen seit 26 Tagen andauernden Luftangriffe der USA und Großbritanniens haben nach Angaben der Taliban bislang 1.500 zivile Todesopfer gefordert. „Staatsterrorismus in der schlimmsten Form“ nannte das der Taliban-Botschafter in Pakistan, Abdul Salam Saif. Unabhängige Bestätigungen für die Zahl der Toten gibt es nicht. Internationale Fernsehteams wurden in den vergangenen Tagen mehrmals von den Taliban-Milizen an zerstörte Wohnhäuser und Krankenhäuser geführt. Auch der größte Staudamm Afghanistans und das angeschlossene Elektrizitätswerk sollen nach Taliban-Angaben Ziel von US-Luftangriffen gewesen sein. Noch trete kein Wasser aus, doch weitere Bombardierungen würde den Damm sprengen, sagte Taliban-Erziehungsminister Amir Khan Muttaqi der Times of India: „Das würde eine große Überflutung auslösen, die tausende von Menschenleben in Gefahr bringt.“

Der Chef der Terrororganisation al-Qaida, Ussama Bin Laden, hat sich unterdessen in einem handschriftlich verbreiteten Aufruf an die pakistanischen Muslime gewandt und sie aufgerufen, sich seinem Kampf gegen die „christlichen Kreuzzügler“ anzuschließen. BBC berichtet über weltweite Versuche radikaler Muslime, nach Afghanistan zu gelangen, um an der Seite der Taliban gegen die USA zu kämpfen. BERND PICKERT

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