Dichter und Denker

Goethe: Vier Gnaden (Auszug)Dass Araber an ihrem TeilDie Weite froh durchziehen, Hat Allah zu gemeinem Heil Der Gnaden vier verliehen.Den Turban erst, der besser schmücktAls alle Kaiserkronen; Ein Zelt, das man vom Orte rückt,Um überall zu wohnen;Ein Schwert, das tüchtiger beschütztAls Fels und hohe Mauern; Ein Liedchen, das gefällt und nützt,Worauf die Mädchen lauern.

Harry Mulischs Alchemie

Der niederländische Schriftsteller Harry Mulisch ist der raffinierten Propaganda zum Opfer gefallen, die die Kirche in der Frührenaissance gegen die arabische Wissenschaft entfacht hat. In seiner autobiografischen Erzählung „Selbstporträt mit Turban“ entdeckt Mulisch als junger Mann im Dom von Siena ein Mosaik mit dem altägyptischen Magier Hermes Trismegistus. Der überreicht „einem kleinen, untertänigen Mann mit Turban“ ein Buch mit dem Wissen um die Alchemie, eine irrationale Lehre. Mulisch, ein von bürgerlichen Regeln gelangweilte Dandy, identifiziert sich mit dem Turbanträger und will so Gesetz und Ordnung verweigern.Doch die Botschaft des Mosaiks ist eine christliche Verdrehung, eine Diskreditierung des arabischen Bücherwissens. Den arabischen Erfahrungswissenschaften wie etwa der Medizin oder der Astronomie ging es nicht um Okkultismus, sondern um Empirie. In irrationaler Tradition standen nicht die Araber, sondern die experimentierfeindlichen Kirchenlehrer des 14. Jahrhunderts – keine besonders attraktiven Verbündeten für einen Jungalchemisten wie Mulisch.

Der Name der Tulpe

In Istanbul fanden westliche Reisende im 16. Jahrhundert eine Zierblume, die sie an einen umgedrehten Turban erinnerte und die sie auch so nannten – die „Tulpe“. Ihre erste Blüte in Holland ist für 1594 verbürgt. Die Blume ist auch die Wappenpflanze von Istanbul. BARTZ