Einmal aussetzen

Mitbewohner können manchmal ganz schön stressen. Doch wer sich mit seiner WG verkracht, sollte dies nicht so wie ich kurz vor Weihnachten tun. Denn auch in meinem elterlichen Ersatzquartier hing der Haussegen bald schief. Mehr oder weniger wohnungslos landete ich drei Tage vor Weihnachten zwar nicht im Stall, wohl aber am Tresen einer Mitwohnzentrale. Die hatte eine lange Liste, aber für denselben Tag war nichts zu haben. Eine Nacht bei Bekannten, eine beim Ex-Freund, dann hatte ich die Faxen dicke und stieg am Heiligabend kurz vor 16 Uhr in den Zug Richtung Norden.

Dort wohnt eine Tante, die nie Weihnachten feiert, wohl aber für ein nettes Gespräch bei Keksen und Kräutertee zu haben ist. Kaum Gäs-te im Zug, die wenigen alle mit Geschenktüten und einem Ziel. Der Blick in vorbeiziehende Wohnzimmerfenster tut weh. Bäume mit Lichterketten. Die feiern gerade Weihnachten, nur ich nicht. Ist das überhaupt erlaubt? Weihnachten einmal auszusetzen?

Als ich mein elterliches Ersatzquartier nach Weihnachten wieder aufspürte, fand ich eine Nähmaschine mit roter Schleife vor. Für die Vorhänge in der neuen Bleibe, wie ich später hörte. Gebrauchen konnte ich dieses Ungetüm in meiner Lage nicht. Aber es brachte mir Glück. Gleich nach den Feiertagen fand ich die ersehnte Bleibe für mich ganz allein. Hanna Glück