Kaschmir: Neue Tote

Indien will nicht mit Pakistan reden. Dessen Machthaber kündigt nach Gespräch mit Blair Plan gegen Terror an

DELHI/ISLAMABAD ap/rtr/afp ■ Die Situation in der zwischen Indien und Pakistan umstrittenen Kaschmirregion hat sich gestern weiter zugespitzt. Bei schweren Gefechten und Überfällen wurden mindestens 22 Menschen getötet. An der Demarkationslinie beschossen sich beide Seiten mit schwerer Artillerie, wie ein indischer Militärsprecher mitteilte. Beim Eindringen auf indisches Gebiet wurden Polizeiangaben zufolge acht islamische Extremisten getötet. Bei einem Feuergefecht habe man außerdem sechs pakistanische Soldaten getötet, hieß es von der indischen Armee. Islamisten hätten zudem bei verschiedenen Überfällen mehrere indische Zivilisten umgebracht.

Indien schloss gestern einen Dialog mit Pakistan auf absehbare Zeit aus. Außenminister Jaswant Singh sagte in Delhi, Islamabad habe seine Haltung zum Terrorismus nicht geändert. „Was soll die Frage nach einem Dialog, wenn es keine Änderung der Einstellung gibt?“, fragte Singh nach einer Kabinettssitzung. Islamabad warf er vor, auf Druck des Westens die Unterstützung des Terrorismus in Afghanistan beendet zu haben, diesen in Indien aber weiter zu fördern. Verteidigungsminister George Fernandes schloss eine Truppenreduzierung an der Grenze zu Pakistan aus.

Der britische Premierminister Tony Blair rief Pakistan und Indien auf, Verhandlungen über dieKaschmirregion aufzunehmen. Sie sollten einen Friedensdialog zu der Streitfrage beginnen, sagte Blair in Islamabad nach einem Treffen mit Pakistans Militärmachthaber Pervez Muscharraf. Blair war zuvor in Delhi gewesen. „Beide Länder verstehen in diesen schwierigen Zeiten die Notwendigkeit, sowohl den Terrorismus zu bekämpfen als auch Probleme partnerschaftlich im Dialog zu lösen“, sagte Blair und warnte vor einer Eskalation des Konflikts. Muscharraf kündigte weitere Schritte gegen islamische Extremisten an. Er werde sich in einigen Tagen mit einem Plan an das Volk wenden.

Indien und die USA wollen künftig bei der Terrorismus-Bekämpfung enger zusammenarbeiten und militärische Geheimdienstinformationen austauschen, verlautete gestern aus Regierungskreisen in Delhi. Eine entsprechende Übereinkunft sei bereits vergangenen Monat beim Besuch des US-Verteidigungs-Staatssekretärs Douglas Feith in Indien erzielt worden. Laut Hindustan Times soll das Abkommen beim US-Besuch des indischen Verteidigungsministers unterzeichnet werden.

Indien und Pakistan haben an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir große Truppen zusammengezogen. Der Konflikt hatte sich nach einem Anschlag auf das indische Parlament Mitte Dezember verschärft.