Trash ist tot, es lebe der deviante Trash

■ Teen-Horror: Das 3001 hat sich des Films Psycho Beach Party angenommen

Trash ist tot. Und das spätestens, seit der Begriff als affirmativer Freifahrtschein für jede biedere Hanswurstigkeit herhalten muss. Denn wenn von Fred Kogel über Helmut Markwort bis zu Gerhard Schröder alles irgendwie Trash ist, dann macht das Spiel mit dem Bodensatz der Popularkultur herzlich wenig Sinn: Echte Subversion scheint unmöglich angesichts einer mächtigen Mehrheit, die derart eine aggressive Entpolitisierung medialer Diskurse betreibt, nur um im gleichen Atemzug eine ebenso diffuse wie dubiose „Spaßgesellschaft“ zu geißeln.

Spaß gibt es in Gesellschaft dieser perfiden Mainstream-Verweser ohnehin nicht, dafür aber umso mehr in Psycho Beach Party von Robert Lee King. Dank der 3001-Besatzung, die den Film im Eigenverleih präsentiert, findet das knallbunte Requiem auf die besseren Zeiten des Trash endlich den Weg ins Kino.

Die besseren Zeiten waren natürlich die 60er, als findige Produzenten wie Roger Corman und Samuel Z. Arkoff mit gnadenlos heruntergekurbelter Exploitation-Ware ein überwiegend jugendliches Publikum eroberten. Ob nun Horror-Spektakel oder Strandparty-Streifen, was damals als degenerierter Schund durchging, erhielt retrospektiv den akademischen Adelsschlag. So wurden eifrig brisante Subtexte aus den reißerischen Plots hervorgeschaufelt, während verbriefte Avantgardisten die eigentümliche Ikonographie der C-Filme würdigten.

Als Produktion aus dem Jahr 2000 kann Psycho Beach Party natürlich nicht mehr den verunfallten Charme der Originale für sich beanspruchen. Daher ist es nur konsequent, dass King einst verborgene – und verbotene – Lesarten plakativ über die Leinwand verteilt. Schon die Heldin ist eine schrille Synthese aus Corny Collins und Joan Crawford: Die adrette Florence (Lauren Ambrose) leidet neben den üblichen Teenager-Nöten unter einer besonders üblen Form der Schizophrenie, weshalb sie unfreiwillig die Persönlichkeit einer rabiaten Domina im Hinterkopf mitschleppt. Was im Jahr 1962 eigentlich für einiges Aufsehen sorgen sollte. Doch ganz Malibu Beach ist vollauf mit einer bizarren Mordserie beschäftigt, die das jugendliche Strandvolk radikal dezimiert.

Im Rahmen der Ermittlungen gerät die deviante Surf-Gang um Starcat (Nicholas Brendon) und The Big Kanaka (Thomas Gibson) ins Visier von Captain Monika Stark (Charles Bush), die sich weder als Polizistin noch als Transvestit etwas vormachen lässt. Auch Florence, die unter ihrem nom de guerre Chicklet das einzige weibliche Mitglied der Bande stellt, gehört zum illustren Kreis der Verdächtigen.

Aber vielleicht hat ja die alternde C-Filmdiva Bettina Barnes ebenfalls ein brauchbares Motiv? Und was ist mit Lars, dem mit Muskelpaketen und Mutterkomplex bestückten Ausstauschstudenten? Alles wichtige Fragen, auf die Psycho Beach Party eine garantiert sinnfreie Antwort hat. Völlig schlüssig ist der Film hingegen in seiner unverholenen Begeisterung für die reine Form des Camp, denn im Gegensatz zu anderen filmhistorischen Vexierspielchen will er nicht unnötig cleverer sein als seine Vorbilder. Das verleiht ihm trotz seines filmhistorischen Wissensvorsprungs eine Aufrichtigkeit, die den selbstgefälligen, „Bitte nenn mich postmodern“-Zitatsammlungen im zeitgenössischen Kino fehlt.

Hier aber ist Rosa noch echtes Pink, goldgebrannte Beach Boys wackeln vor der Fototapete mit den Hüften, und brav gescheitelte Teen-ager verwandeln sich unvermittelt in blutrünstige Monster. So beschwört die Strandoper noch einmal die verlorene Unschuld des Abfalls, bevor der Sargdeckel wieder geschlossen wird. Trash ist tot, aber selten hat Trauerarbeit soviel Spaß gemacht. David Kleingers

täglich (Do mit Live-Band The Typhoons), 22.30 Uhr, 3001