Wieder mal: Kitas als Sparstrumpf

SPD prangert Kürzung an: Es gibt zwei Millionen Mark weniger  ■ Von Kaija Kutter

Interessante Einblicke gewähren sich, wenn bis vor Kurzem zur Regierungsloyalität verpflichtete Fachpolitiker in der Opposition sind. Gestern machte SPD-Jugendpolitiker Thomas Böwer publik, dass der Kita-Etat – für den alle Parteien im Wahlkampf viele Verheißungen machten – Opfer von Kürzungen wird. Statt, wie versprochen, die Kita-Gebühren zu senken, so Böwer, würden 2 Millionen Mark aus dem Etat gestrichen. Davon 1,4 Millionen Mark allgemein, 300.000 Mark beim Pädagogischen Mittagstisch an Schulen und 300.000 Mark für die Bezuschussung der Krankenhaus-Kitas.

„Diese Zahlen habe ich vor einer Stunde im Haushaltsentwurf gelesen“, sagte Böwer anlässlich der Vorstellung des SPD-eigenen Kita-Gesetzes, das, wie berichtet, einen Rechtsanspruch für Berufstätige vorsieht. Darüber hinaus weiß Böwer von indirekten Kürzungen. So betrug der Elternanteil am noch von der SPD aufgestellten Kita-Etat im Jahr 2001, in dem es ,überraschende' Mehreinnahmen von 16 Millionen gab, 84 Millionen Mark. Für den Haushalt 2002 wird er gleich auf 100 Millionen Mark angehoben, die Stadt zieht sich also um besagte Summe aus der Kita-Finanzierung zurück. Denkwürdig, gab es von der SPD doch das Versprechen, Mehreinnahmen aus dem verschärften Beitragsgesetz im Etat zu belassen.

Während die CDU vor der Wahl forderte, den geschröpften Eltern die Mehreinnahmen zurückzugeben, nutzte Rot-Grün sie im Jahr 2001 für neue Kita-Plätze und andere Wohltaten, wie die Absenkung des Eigenanteils der Kirchen-Kitas. Die Kirchen hatten im Vorwahlkampf gedroht, bis zu 3000 Plätze zu schließen und setzten im Sommer eine vertragliche Absenkung des Eigenanteils auf 10 Prozent bis 2005 durch. Bis dahin sollen sie jährlich 4,7 Millionen Mark bekommen. Allerdings wurde der Vertrag von der Stadt unter Vorbehalt unterschrieben, um Entscheidungen neuer Senate nicht vorwegzunehmen. „Ich fordere den Senat auf, diese Vereinbahrung auf den Punkt zu bringen“, mahnt Böwer. Sie sei im Haushalt 2002 nicht berücksichtigt. Nun müsse man den Vertrag kündigen oder Plätze abbauen.

Selber, das bekräftigte Landeschef Olaf Scholz gestern noch mal, wäre die SPD bereit gewesen, bis zu 150 Millionen Mark in den Ausbau zu investieren, um Berufstätigen einen Platz zu garantieren. An dem dazu passenden Kita-Gesetz ließ der Elternverein „Familien Power“ übrigens kein gutes Haar. „Dort werden Qualitätsstandarts ganz bewusst nicht gesichert und unter Haushaltsvorbehalt gestellt“, kritisiert der Vorsitzende Matthias Taube. Es handle sich um ein „reines Ausführungsgesetz für die Kita-Card, wäre die SPD noch an der Macht, würde dies in Windeseile durchgepeitscht“.

Nicht mehr an der Macht, konnte man gestern übrigens auch Böwer kritische Töne zur Kita-Card entlocken: Von einer solchen ohne Rechtsanspruch, halte er „nichts“, sagte der SPD-Mann. „Man kann so ein System auch als Sparprogramm betreiben.“