Rathausdiele goes Pop

Auskunftspult durch Raumschiff-Tresen ersetzt. „Kleine Stiländerung“ aus praktischen Gründen  ■ Von Gernot Knödler

Den Hamburgern wird nachgesagt, sie hätten eine Krämerseele und ihre Stadt deshalb keine bedeutenden Kunstwerke. Das mag sein. Bei allem Sinn fürs Praktische hat sich bei ihnen aber dennoch ein Gefühl für Stil Bahn gebrochen, weshalb diese Stadt als eine der schöns-ten Deutschlands gelten darf. Jetzt ist ein Anschlag auf die Rathaus-Diele verübt worden, der uns fürchten lässt, damit könnte es in Zukunft vorbei sein.

Gleich rechts neben dem Haupteingang stand bis kurz vor Weihnachten ein hölzernes Stehpult und dahinter ein uniformierter Rathausdiener. Zumindest der Autor hat schon beim ersten Rathaus-Besuch nicht gezögert, den Herrn (es mag auch eine Dame gewesen sein) um Auskunft zu bitten. Dem heutigen Touristen traut die Rathaus-Verwaltung eine derartige Leistung nicht zu und so hat sie sich entschlossen, das dunkle Holzpult durch einen information desk aus dem renommierten Architekturbüro KHD zu ersetzen.

Der Tresen schützt die Tür zum Pförtnerzimmer neben dem Rathaus-Eingang. Seine beiden Seiten sind mit hellen Platten verkleidet, deren Material wir auch auf den zweiten Blick nicht erraten konnten: Birkenholz, Birkenfurnier, Birkenimitat aus Plastik? Zur Abrundung wird die eine noch mit einem Schaukasten für Hamburg-Mitbringsel versehen. Die beiden Platten verbindet eine nach innen schwingende Plexiglasplatte in die in knalligem rotem Plastik das Hamburger Wappen eingelassen ist. Darunter springt dem Besucher als Ablage eine blaue Plastikwelle entgegen. Das ganze sieht aus, als sei es aus der nächsten Sparkassen-Filiale in die gute alte Rathausdiele gebeamt worden.

Es sei darum gegangen, mehr Sicherheit für die Rathausdiener zu schaffen und darum, den Besuchern mehr Service zu bieten, sagt der Rathaus-Architekt Felix von Kalben. Die Bediensteten seien kürzlich einmal angegriffen worden und außerdem seien immer wieder Leute hinter den Pförtnern her ins Dienstzimmer spaziert. Mit dem knalligen Wappen wolle man Besucher auf den Counter aufmerksam machen.

Der wird zurzeit vollgestopft mit allem, was die Kommunikationsgesellschaft zu bieten hat: Computerterminal, Telefon, automatische Türöffner, Alarmknöpfe. Offenbar war er Produkt eines Wunschzettels, an dem das halbe Rathaus mitgeschrieben hat; das zierlich-zurückhaltende der alten Lösung blieb dabei auf der Strecke.

„Ein Tresen in welcher Form auch immer wird in der klaren Architektur der Diele ein Fremdkörper bleiben“, räumt von Kalben ein. Also habe man gleich ganz auf die „Anbiederung“ an den Historismus der Diele verzichtet. Aber, tröstet von Kalben, immerhin sei keine Substanz vernichtet worden. Der an die 50.000 Mark teurer Schalter könnte ohne großen Schaden wieder entfernt werden. Auf geht's!