US-PRÄSIDENT BUSH HATTE NUR EINES ZU BIETEN: DROHUNGEN
: Kalter heißer Krieg

Seit gestern wissen es alle: Der US-Präsident will einen neuen Kalten Krieg führen – und wenn es sein muss, auch einen heißen. Amerikas Feind ist nicht mehr das „Reich des Bösen“, die Sowjetunion. Seine Feinde sind der internationale Terrorismus und die Staaten, die ihn unterstützen, allen voran die „Achse des Bösen“: Irak, Iran, Nordkorea. Nicht zufällig erinnert diese Konstruktion an die „Achse Berlin–Rom–Tokio“, sprich: den einstigen Kriegsgegner Nazi-Deutschland und dessen Verbündete.

Den „bösen“ Staaten von heute drohte George W. Bush gestern wortreich in seiner ersten Rede zur Lage der Nation, ohne sich jedoch auf konkrete Maßnahmen festzulegen. Nur eines ist gewiss: Seine Regierung wird für Militär und innere Sicherheit weit mehr ausgeben als seine Vorgänger. Im Gegensatz zu ihnen ignorierte Bush in seiner Rede viele innenpolitische Debatten und konzentrierte sich weitgehend auf den „Krieg gegen den Terror“ – sein Thema. Ihm verdankt er seine Popularität, also leitet er nun eine neue Phase des amerikanischen Interventionismus ein, der seine europäischen Verbündeten erschrecken muss. Denn nun gilt wie bis zum Untergang der Sowjetunion: Die USA rüsten auf, drohen mit Krieg – und werden rücksichtslos eingreifen, so sie es für nötig halten, sei es in Somalia oder im Irak. Die Nato und die Alliierten in der „Koalition gegen den Terror“ verstauben als Staffage. „America first“ ist wieder das Motto in dieser „entscheidenden Dekade der Freiheitsgeschichte“, wie Bush es pathetisch nennt und damit nebenbei klar macht, wie lange sein „Krieg“ mindestens dauern wird. Täuschen wir uns nicht: Das war gestern keine emotional überhöhte Rede wie jene nach den schockierenden Terroranschlägen im September, es war ein klares Programm.

Jetzt müssen die Verbündeten reagieren. Wer nun, wie nach dem 11. September, erneut von „uneingeschränkter Solidarität“ spräche, der ließe sich auf eine abenteuerliche Politik ein. Denn das Konzept Bushs zielt nur auf die Sicherheit der Amerikaner – und riskiert die Sicherheit der Verbündeten, die nicht Milliarden in Militär und Polizei investieren können. Und dies auch nicht wollen. Die Bundesregierung sollte diesen neuen Kalten Krieg nicht mitmachen. DANIEL HAUFLER