Welcome, Mr. Murdoch

Dass der Medienmogul Premiere World von der angeschlagenen KirchGruppe übernimmt, gilt als sicher. Unklar ist nur, wie viel Leo Kirch noch drauflegen muss. Banken und Politik dämmert, dass Murdoch endgültig in Deutschland angekommen ist

von STEFFEN GRIMBERG

Immerhin eine gute Nachricht gab es gestern für die angeschlagene Münchner KirchGruppe: Weil der Gewinneinbruch bei Leo Kirchs Senderholding ProSiebenSat.1 Media AG zwar stolz, aber niedriger als erwartet ausfiel, stiegen die Kurse wieder. 106 Millionen Euro Gewinn vor Steuern – das ist nur rund die Hälfte des Vorjahrer, aber einiges mehr als die von Kirch zuletzt selbst prognostizierten 90 Millionen.

Doch der Dämpfer folgte umgehend: Wegen der unklaren Lage im Hause Kirch bleibe die Aktie anfällig und könne kaum zum Kauf empfohlen werden, fasste die Nachrichtenagentur Reuters Meinungen von Börsianern und Analysten zusammen.

Rund 5 Milliarden Euro Schulden hat der Münchner Medienkaufmann angehäuft, das Gros entfällt auf Premiere World, und die TV-Rechte an der Formel 1. Gerade mit dem digitalen Bezahlfernsehen wollte Kirch ein neues Fernsehzeitalter einläuten, jetzt droht es zum Rohrkrepierer zu werden: „In den ersten Monaten dieses Jahres“, bestätigt Konzernsprecher Hartmut Schulz den Zeitplan von Kirch-Kronprinz Dieter Hahn, solle mit dem internationalen Medienunternehmer Rupert Murdoch geklärt werden, wie es hier weitergeht. Intern heißt es in der Ismaninger Firmenzentrale allerdings, die Übernahme von Premiere World durch Murdoch, der schon heute rund ein Viertel der Anteile hält, sei längst klar. Fraglich sei vielmehr, wie viel Kirch von seiner Free-TV- und Rechtehandelstochter KirchMedia drauflegen müsste, um den Deal perfekt zu machen. Dann wäre Murdoch nicht nur beim hierzulande kaum entwickelten Pay-TV, sondern auf dem wahren deutschen Fernsehmarkt angekommen. Und auch die indirekte Börseneinführung der KirchMedia, die bis Juli auf die bereits an den Aktienmärkten notierte ProSiebenSat.1 Media AG verschmolzen werden soll, stünde wieder in den Sternen. Zwar erklärt Kirch-Sprecher Schulz, „die Vorbereitungen für die Fusion laufen planmäßig“, und es gebe „keinerlei Rückwirkungen aus der momentanen Entwicklung“. Doch schon am Montag hatte Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer in ungewohnter Offenheit verkündet, er halte es für unwahrscheinlich, dass der „Finanzsektor (…) bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel“ für Kirch zur Verfügung zu stellen. Wem von Deutschlands wichtigstem Geldinstitut derart deutlich die Kreditwürdigkeit abgesprochen wird, wird mit seinen Aktien wohl kaum auf Interesse bei anderen Banken und Großanlegern stoßen. Offiziell lässt man sich bei Kirch in Sachen Breuer nur zur Vokabel „Verwunderung“ hinreißen. Intern wird der branchenuntypische Ausbruch als Schuss vor den Bug interpretiert, der Kirchs Bereitschaft fördern soll, sich marktschonend von diversen Teilen seines Medienimperiums (s. Kasten) zu trennen. „Marktschonend“ heißt hierbei: möglichst wenig Murdoch zu überlassen. Die Süddeutsche Zeitung weiß von einer nationalen Rettungsaktion, in die auch die Bundesregierung eingebunden ist. Der Kanzler verfolge die Entwicklung „mit großem Interesse“, sagte ein Regierungssprecher der dpa, die mitregierenden Grünen kündigten gestern eine kleine Anfrage im Bundestag an.

Und so entbehrt die Kirch-Saga nicht einer gewissen Ironie: Leo Kirch hat viele seiner Kreditwünsche – vor allem Richtung Bayerische Staatsbank – gerade mit dem Argument untermauert, nur so könne die Medienbranche vor dem Ausverkauf an die internationalen Multis bewahrt werden. Jetzt treibt ihn die aktuelle Entwicklung dem Mann in die Arme, vor dessen Einzug auf dem deutschen Fernsehmarkt er immer wieder gewarnt hat: Rupert Murdoch.