Kaum Angebote für Schwule

Die Versicherungswirtschaft benachteiligt Homosexuelle. Nur zwei Anbieter ermöglichen Partnerversicherungen

Schwule Männer investieren nicht nur überdurchschnittlich in Aktien oder Investmentfonds und kaum in Immobilien, sondern vermissen auch spezifische Versicherungsangebote für schwule Partnerschaften. Das ergab eine Studie der Werbeagentur BBDO Consulting. Sie stelle, so die Agentur, zum ersten Mal seriöse und fundierte Daten zum Konsumverhalten schwuler Männer zur Verfügung und kommt doch zu ähnlichen Ergebnissen wie manch andere, die vor allem auf der Leserbefragung einschlägiger Zeitschriften beruhen. Was das Konsumverhalten lesbischer Frauen betrifft, darüber gibt die Studie indes keine Auskunft.

Die Benachteiligung von Homosexuellen ist in der deutschen Versicherungswirtschaft immer noch eher die Regel als die Ausnahme. Angefangen von fehlenden Partnertarifen bei Kraftfahrzeugversicherungen reicht sie bis zum generellen Ausschluss von schwulen Männern bei Lebensversicherern. Stärker betroffen als lesbische Frauen sind schwule Männer, die pauschal als HIV-Risikogruppe gelten. Zwar dürfen Versicherer nicht nach sexuellen Präferenzen fragen, aber wenn ein Mann einen nicht verwandten oder geschäftlich verbundenen anderen Mann als Begünstigten seiner Police einsetzen möchte, gibt es meist Probleme.

Diese Gepflogenheiten der deutschen Versicherungsunternehmen sind, wenn man sich die Risikolage ansieht, wohl eher dem sprichwörtlichen Konservatismus der Branche anzulasten als den tatsächlichen, versicherungsmathematisch darstellbaren Risikodaten. Denn weniger als 5 Prozent der schwulen Männer sind HIV-positiv, immerhin mehr als 80 Prozent haben einen Aidstest gemacht, und wird das Ergebnis eines solchen Tests im Antrag verschwiegen, kann der Versicherer zurücktreten.

Dem offensichtlichen Bedarf an zielgruppenspezifischen Finanzprodukten steht kaum ein Angebot gegenüber. Daran hat auch das neue Lebenspartnerschaftsgesetz bislang nichts geändert. Lediglich zwei Anbieter ermöglichen es beispielsweise, dass sich schwule Partner ohne Wenn und Aber gegenseitig versichern können.

Das von dem Hamburger Finanzmakler Jürgen Rochlitz entwickelte Konzept „Rosa Rente“ bietet eine ganze Palette klassischer Personenversicherungen von der Rentenversicherung über die Lebens- bis zur Berufsunfähigkeitsversicherung an. Als Produktgeber fungiert der Kölner Gerling-Konzern. Erweitert wurde das Konzept durch ein speziell für lesbische Frauen von der Berliner Maklerin Christa Vogel entwickeltes Angebot, die „Lila Rente“.

Auch der Hamburger Versicherungsmakler Comvers hat spezielle Versicherungsprodukte für Homosexuelle im Angebot: als Gaysecure für schwule Männer und als Femsecure für lesbische Frauen. Anders als Rochlitz & Partner arbeitet das Unternehmen mit unterschiedlichen Produktgebern zusammen. Der Makler deckt das gesamte Spektrum der Sach- und Personenversicherung ab, von der Kraftfahrzeug- über die Unfall- bis hin zur Lebensversicherung und bietet je nach Produktsparte Tarife unterschiedlicher Unternehmen. Ein fester Prozentsatz des Umsatzes kommt dem schwullesbischen Bürgerrechtsverband LSVD zu. Die Mitglieder des Verbandes erhalten darüber hinaus Rabatte.

So löblich das Bekenntnis der jeweiligen Produktgeber zur Akzeptanz homosexueller Lebensformen ist: Bei genauem Hinsehen bestehen die Angebote im Wesentlichen aus Standardtarifen. Besondere Angebote wie der Tarif „Rosa Rente blanko“, eine Kapitallebensversicherung ohne Gesundheitsprüfung, werden ebenfalls von anderen Gesellschaften angeboten, die sich wie Gerling das höhere Risiko durch Renditeverluste bezahlen lassen. Grundsätzlich gilt auch hier, und das ist immer zu empfehlen, sich Vergleichsangebote einzuholen. Denn ein diskriminierungsfreies Versicherungsprodukt muss nicht das günstigste auf dem Markt sein. BIRGIT BOSOLD

www.gaysecure.de,www.femsecure.de, www.lilith.de