Isabel, die heilige Araberfresserin

Spaniens Kirche bereichert den Krieg gegen den Terror: Die Königin, die Juden und Muslime verjagte, soll heilig werden

MADRID taz ■ Spaniens Bischöfe haben ein neues Vorbild für ihre Schäfchen gefunden: Isabel von Kastilien. Die vor 498 Jahren gestorbene spanische Königin sei „ein Modell für die christlichen Frauen, mit missionarischem Geist, mitfühlend und selbstlos, aufopfernd im Dienst und in der Regierung des Volkes“ gewesen, finden die Popen. Deshalb müsse sie heilig gesprochen werden.

Die 1451 geborene Isabel I. von Kastilien und León war zusammen mit ihrem Mann, König Fernando von Aragón, die Gründerin des spanischen Nationalstaates. Nach jahrelangem Krieg besiegten die Truppen aus dem Norden der iberischen Halbinsel den Süden, der 800 Jahren lang von arabischen Fürstenhäusern regiert war. Diese christliche „Reconquista“ endete am 1. Januar 1492 mit dem Fall von Granada.

Ein Dekret machte den Sieg perfekt. Juden und Muslime bekamen drei Monate, um zum katholischen Glauben überzutreten – oder das Land zu verlassen. Wer diese Möglichkeiten nicht wahrnahm und weiterhin als „ungläubig“ galt, dessen nahm sich ab 1478 die Inquisition an.

Bis zu ihrem Tod 1504 kannte Isabel die Katholische nur ein Ziel: Spanien und damit die Religion auszubreiten. Nach der Entdeckung Amerikas durch den vom spanischen Hof ausgerüsteten Christopher Columbus am 12. Oktober 1492 rissen die Expeditionen über den Atlantik nicht mehr ab. Mit Schwert und Feuer wurde der richtige Glaube gepredigt und ganz nebenbei die Reichtümer der Einheimischen nach Spanien verschifft.

Als „eine außerordentliche Figur in der Evangelisierung Amerikas“ lobt die Bischofskonferenz Isabel I. dafür. Die offizielle katholische Kirche Spaniens verehrt Isabel I. auch für ihre karitativen Werke. So gründete sie Feldlazarette, in denen die Soldaten ihres Kreuzzuges gegen die Ungläubigen behandelt wurden. Unerschütterlich im Glauben, betete sie jeden Tag mehrere Stunden. Als ihr Vater Enrique IV. sie gegen ihren Willen mit einem älteren Adligen verheirate wollte, flehte sie die ganze Nacht Gott an. Mit Erfolg: Der künftige Bräutigam verstarb überraschend.

Nicht alle wollen jetzt den Vorbildcharakter Isabels und ihre Heiligsprechung nachvollziehen: „Sie ist es nicht wert auf den Altar gehoben zu werden“, beschwert sich der Sprecher der jüdischen Gemeinde Spaniens, Carlos Schorr. Fortschrittliche Christen und die Vertreter der Muslime schließen sich ihm an. Selbst 25 Prozent der Bischöfe stimmten gegen die Wiederaufnahme des bereits 1953 unter Diktator Franco gestellten und 1972 zu den Akten verwiesenen Antrags an den Vatikan.

Ihnen gilt Isabel die Katholische als Mutter der religiösen Intoleranz, die Spaniens Geschichte prägt. In den Jahren der Franco-Diktatur wurde die umstrittene Königin als Volksheldin verehrt. Spanien unterzeichnete ein Abkommen mit dem Vatikan und war fortan die „geistige Reserve des Westens“: „La Cátolica“ war die Standarte. Isabels Anhänger haben seit 1953 Millionen von Heiligenbildchen mit dem Konterfei der Königin verteilen lassen. Mit ihm zwischen den gefalteten Händen beten sie: „Allmächtiger Vater, der du in deiner unendlichen Barmherzigkeit Isabel die Katholische als ein Vorbild für junge Ehefrauen, Mütter, politische Führer und Regierungschefs schufst, schenke uns die Gnade, ihre unvergängliche Majestät in ihrer Heiligsprechung geehrt zu sehen. Amen.“ REINER WANDLER