Offshore schreddert Einheitsfront

Die Einheitsfront der Naturschutzverbände gegen die derzeitige Planung von Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee ist geknackt. Zwar wollen WWF, BUND und NABU im Prinzip die regenerative Windenergie der Meereswinde nutzen, die Umweltverbände reiben sich aber an der dafür notwendigen Verlegung der Stromkabel durchs Wattenmeer. Eine gemeinsame Position gegen die Kabel von den geplanten Windparks vor Borkum ans Festland gibt es jetzt nicht mehr.

„Wer anfängt, den Nationalpark für Bauprojekte zu öffnen, der fährt diese weltweit einzigartigen Schutzgebiete an die Wand“, hält Holger Wesermüller, Sprecher des WWF, an der bisherigen Position fest. Einen anderen Standpunkt vertritt jetzt aber der Naturschutzbund Deutschland, NABU: „Wenn es für alle geplanten Windparks eine Stromtrasse gibt, dann kann sie auch durch den Nationalpark gehen“, räumt der niedersächsische Landesgeschäftsführer, Olaf Tschimpke, gegenüber der taz ein.

Nach einer Intervention des WWF versuchte Tschimpke gegenüber dieser Zeitung zwar seine Aussage zu relativieren, grundsätzlich gab er aber Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Umweltverbänden zu. „Wenn WWF und BUND mit anderen Vorstellungen an die Öffentlichkeit gehen, ist das nicht unser Problem.“

Und damit bröckelt die Kritiker-Front für die Mega-Anlagen: Bislang hatten nämlich die Naturschutzverbände gemeinsam mit Klagen gedroht, wenn die Stromkabel durch den Nationalpark gelegt werden sollten. Eine grundsätzliche Entscheidung von der Bezirksregierung Weser-Ems dazu steht noch aus.

Allerdings wird die Zeit langsam knapp. Denn von den fünf geplanten Windparks vor der ostfriesischen Küste ist bereits eine Pilotanlage vor Borkum-West genehmigt. Betreiber Prokon Nord aus Leer will jetzt zwölf 4,5-Megawatt Mühlen in die Nordsee setzen. Im Endausbau sollen sich dort 200 Rotoren drehen. Insgesamt wollen vier Anbieter allein vor Borkum tausend Windmühlen aufstellen.

Für die Prokon Pilotanlage liegt auch schon eine Baugenehmigung vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg vor. Prokon fehlt aber noch die Genehmigung zur Trassenverlegung. Und auch dafür meldet der WWF Protest an: „Eine Lösung für den Bau dieser Offshoreanlagen ist nur im Rahmen eines gesamten Raumordungsverfahrens für alle Windparks möglich. Im Nationalpark kann doch nicht jeder machen was er will“, wettert Wesermüller.

Eine vernünftige Entscheidung kann seiner Meinung nach nicht vor 2005 getroffen werden. So viel Zeit hat die Bezirksregierung allerdings nicht. Sie muss für die Pilotanlagen schon bis Juni diesen Jahres eine Entscheidung fällen. Die Kabel werden also kommen, fragt sich nur, wo sie verlegt werden. Zwei Möglichkeiten bieten sich an: durch den Nationalpark bei Norderney oder entlang der Schifffahrtswege im weltweit am meisten befahrenen Seeverkehrsgebiet der Deutschen Bucht.

Diese zweite Lösung hat die Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Aurich (WSD) kategorisch ausgeschlossen. „So was ist nicht genehmigungsfähig“, kommentiert Jan Dirksen von der WSD-Aurich. Denn: „Die Schifffahrtswege liegen im fließenden Gewässer. Eine Kabelverlegung würde hier die Schiffssicherheit gefährden, und die Kabel würden immer wieder frei gespült.“ Damit gilt eine Verlegung der Kabel durch den Norderneyer Nationalpark als sicher.

Das setzt jetzt vor allem die Umweltverbände in die Zwickmühle. „Wir wollen auf keinen Fall, dass im Nationalpark gebaut wird. Aber wir wollen auch nicht die Schiffssicherheit gegen die Naturschutzbelange aufrechnen“, sagt Marita Wudtke vom BUND. Viel pragmatischer sieht das der Nabu, der ohnehin schon eingelenkt hat: „Die Offshore-Windparks werden gebaut. Dann muss man auch den Strom an Land bringen. Wenn es für alle Windparks ein Kabel durch denn Nationalpark gibt, na denn, zufrieden ist da keiner.“

Thomas Schumacher