Motown-Beats und schöne Anzüge

■ Stilbewusste Hanseaten: Superpunk, Bazooka Cain und Erobique bei der „Monsters Of Soul“-Revue

Dem Soul geht es wie dem Blues: Nicht alle die ihn machen, haben ihn auch. Xavier Naidoo, Ayman und Laith Al-Deen versprechen uns den Soul und unterlegen Schlagertexte mit weichgespültem R'n'B. Rhythmisches Eierschaukeln in Designerklamotten hat mit Soul freilich so wenig zu tun wie die frühe Tina Turner mit der späten. So wird aus Mannheim niemals Memphis und aus Rödelheim nie Detroit. Und aus Edo Zanki höchstens ein Otis Redding der FDP-Mittelstandsvertretung. „Green Eyed Soul“ gibt's nicht, da hilft auch keine Sarah Connor.

Wer Soul mit Soul hören will, kauft alte Platten oder geht tanzen. In den frühen Achtzigern tauchten hier erstmals Ansätze einer aus Großbritannien importierten Soul-Tradition auf, die sich dem so genannten Northern Soul verpflichtet fühlt. Der euphorisierende und schnelle City Soul nordamerikanischer Industriemetropolen wie Detroit und Chicago feierte in England bereits in den 60ern seinen Einzug in die weiße Popkultur. Zwanzig Jahre später begann man auch hierzulande mit Soul-Allnightern tanzend den (überwiegend) schwarzen Göttern zu huldigen. Was in England jedoch als proletarisches Wochenendvergnügen zu tagelangen Raves führt, verließ hierzulande nur selten die elitären Kreise stilbewusster Retro-Hipster. Das hat sich erst in letzter Zeit geändert. Hamburger Northern-Soul-Veranstaltungen wie Spellbound oder der Shelter Club ziehen mittlerweile ein Publikum, das einfach nur tanzen will. Einzig die DJs bleiben puristisch bei ihren raren und unerschwinglichen Single-Originalen. Ein ernsthaft betriebener Kult, der die Szene zumindest vor kommerzieller Ausbeutung nicht so gut bestückter Nachahmer schützt.

Beim regelmäßigen Spackofant-Soulstammtisch im Golden Pudel Klub gibt man sich da schon volkstümlicher. Wenn's der Stimmung dient, darf hier auch mal Curtis Mayfield mit einem Best-Of die Runde drehen. Die Soul-Brüder um Superpunk-Sänger Carsten Friedrich mögens gerne deftig und dafür lieber etwas mehr. Was lag also näher als eine gemütliche Plattensause zu „Monsters Of Soul – The Hamburg Soul Revue“ aufzublasen? Zusammen mit einigen Soul-DJs verpassen Superpunk, Bazooka Cain und Erobique dem Rest der Republik eine Lehrstunde in Soul und hanseatischem Understatement.

In der Tat lässt sich hierzulande keine besserer Soulband denken als Superpunk. Die „Top Old Boys“ der Hamburger Szene wären in den 60ern eine von vielen deutschen Bands gewesen – hätten uns die Amis anstelle von Elvis Presley Leute wie Jackie Wilson oder James Brown geschickt. Heute klingen Superpunk nach einer Tradition, die es so nie gegeben hat. Auf der Basis eines hochenergetischen Motown-Beats vereinen sie Stilmittel aus Beat, Ska und Punk mit einer naiv-ungebrochenen deutschen Rock'n'Roll-Lyrik. Der Rest der Live-Revue erweist sich da eher als Soulbruderschaft im Geiste.

Neben dem notorischen Feten-Beschaller Erobique darf man sich vor allem auf Bazooka Cain freuen. Die Hamburger haben nicht nur Stil und tragen schöne Anzüge, sondern machen auch schöne Musik. Gerade haben sie eine neue Platte mit überwiegend deutschsprachigen Chansons veröffentlicht. Chansons? Ja, denn hier gilt der Umkehrschluss: Nicht alle die Soul haben, machen Soul. Michael Hess

Sonntag, 21 Uhr, Schlachthof