Der Rückschlag

■ Erschreckend schwach und ohne Chance: FC St. Pauli geht bei Energie Cottbus mit 0:4 unter

Das schwer geschlagene „St. Pauli-Ballett“ flüchtete verängstigt in Selbstkritik, die erleichterten Energie-Fußballarbeiter fühlten sich schon reif für die Trauminsel. „So schaffen wir den Klassenerhalt nicht“, brachte Jochen Kientz das 0:4-Debakel im Abstiegs-Duell beim FC Energie aus Pauli-Sicht auf den Punkt. Marcel Rath konnte sich vor den Fernsehkameras nur ein Kopfschütteln und ein gestammeltes „Unerklärlich“ abringen. Und Energie-Manager Klaus Sta-bach verabschiedete den Keller-Rivalen schon einmal Richtung 2. Liga: „Der zweite Absteiger steht fast fest.“

Kraftlos, harmlos, willenlos: Was sich der Club vom Millerntor zuletzt mit vier Spielen ohne Niederlage mühevoll aufgebaut hatte, rissen die Hamburger in nur einer Halbzeit wieder komplett ein. „So kann man im Abstiegskampf nicht bestehen“, sagte Coach Dietmar Demuth nach dem Rückfall sichtlich gezeichnet. „Der Gegner hat seinem Namen alle Ehre gemacht – mehr Energie, mehr Power. Wir haben nicht dagegengehalten, keine Leidenschaft gezeigt“, kommentierte der St. Pauli-Trainer den „Grotten-Kick“ seiner Profis. Den Gastgebern reichte vor 16.680 Zuschauern eine halbe Stunde, um die Hoffnungen des Kontrahenten zu zerstören. Zwar verwies Demuth darauf, dass St. Pauli schon mehrmals gezeigt habe, „dass wir solche Niederlagen wegstecken können“. angesichts der anderen Ergebnisse sei „auch nicht viel passiert“. Doch der 47-Jährige schränkte gleich selbst ein: „Große Ausrutscher darf man sich nicht mehr erlauben.“ Das heißt: Wenn am kommenden Wochenende gegen den VfB Stuttgart nicht gewonnen wird, könnte es das mit dem Klassenerhalt gewesen sein.

Vor allem die Abwehr zeigte am Samstag eine katastrophale Vorstellung. Cory Gibbs war mit Zungen-Mann Mario Topic, der zwei Tore erzielte, komplett überfordert und bekam nach seinen guten Leistungen der vergangenen Wochen die Grenzen deutlich aufgezeigt. Und auch so eine Führungsgestalt wie Zlatan Bajramovic ließ sich anstecken: Er vertendelte den Ball vor dem 4:0 leichtfertig. Helbig hatte dann keine große Arbeit mehr zu vollenden.

Wie schnell sich lockere Sprüche in Hohn des Gegners verwandeln können, bekamen die Hamburger schmerzlich zu spüren. „Das war für uns die beste Motivation“, hämte Energie-Verteidiger Christian Beeck. Nach den mutigen Sprüchen im Vorfeld wollte St. Pauli die Cottbuser praktisch im Vorbeigehen entern. „Wenn man verbal solche Äußerungen tätigt, muss man auch Manns genug sein, auf dem Platz gegenzuhalten und darf nicht gleich seine Beinchen wegziehen“, ärgerte sich Demuth.

Wie ein „Ballett-Ensemble“ seien seine Profis aufgetreten, „wir haben förmlich um das Gegentor gebettelt“, schäumte Demuth. Er werde sich „intensiv unterhalten“, kündigte der Pauli-Trainer seinen Versagern an.

Kollege Geyer will trotz des Kantersieges ebenfalls mit klaren Worten den Saison-Endspurt einläuten. Denn wie zuletzt in Leverkusen (0:2) hätte auch sein Team auf fremden Plätzen fast immer wie eine „Ballettschüler-Mannschaft“ gewirkt. „Man muss auch auswärts den Mut haben, den Gegner zu bekämpfen“, schaltete der Dresdner Fußballlehrer schnell auf die neue Aufgabe am Sonntag in Dortmund um. Dort konnte Pauli jüngst punkten – und ist so doch noch ein Vorbild für Energie. Jens Mende

FC St. Pauli: Henzler, Stanislawski, Gibbs, Kientz, Held (35. Inceman), Bajramaovic, Bürger, Rahn (51. Marcao), Meggle (73. Kolinger), Rath, Patschinski.

Zuschauer: 16.680

Tore: 1:0 Franklin (19.), 2:0 Topic (28.), 3:0 Topic (34.), 4:0 Helbig (84.)