Finanzieller Schleuderkurs

taz-Serie „Die Profiteure“ (Teil 6): Auf dem Lausitzring sollte eigentlich die Formel 1 rasen. Stattdessen wurden rasant Millionen in den Sand gesetzt. Bankgesellschaft gab 130 Millionen Euro

von UWE RADA

Wer derzeit einen Blick auf die Homepage der Bankgesellschaft Berlin wirft und im Hauptmenü auf „Bankgesellschaft“ geht, ist nur noch einen Mausklick vom „EuroSpeedway Lausitz“ entfernt. So schnell kommt man von Berlin in die Lausitz. Der Rückweg allerdings droht weitaus beschwerlicher zu werden.

„Im ehemaligen Niederlausitzer Braunkohlerevier entstand mit dem Bau des EuroSpeedway Lausitz eine multifunktionale Erlebnisanlage, die nicht nur für den Rennsport neue Maßstäbe setzt.“ Doch die neuen Maßstäbe, von denen auf der Internetseite der Bankgesellschaft die Rede ist, haben weniger mit Motorsport als vielmehr mit der Geschwindigkeit zu tun, mit der Millionen und Abermillionen in den Lausitzer Tagebauhalden vergraben wurden.

Debakel ohne Ende

Mittlerweile nämlich beträgt der Anteil der Bankgesellschaft an der defizitären Rennstrecke 130 Millionen Euro. Damit trägt es – eine Riskikoabschirmung vorausgesetzt – das Land Berlin in der Lausitz noch mehr aus der Kurve als den Brandenburger Finanzminister, der mit etwa 120 Millionen Euro am Lausitzring beteiligt ist.

Und ein Ende des Debakels ist noch lange nicht in Sicht. Spätestens seitdem die Formel 1 angekündigt hat, am Hockenheimring bleiben zu wollen, gilt der EuroSpeedway Lausitz, wie der Lausitzring offiziell heißt, als Millionengrab.

Dabei hätte es so schön werden sollen. Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) träumte schon kurz nach der Wiedervereinigung von „Europas größter Rennstrecke“ in seinem Bundesland. Und die sollte, so die damaligen Rechnungen, schlappe 150 Millionen Euro kosten. Doch schon damals wurde der Optimismus nicht von jedem geteilt, schon gar nicht von potenziellen Investoren. Die blieben nämlich schlicht und ergreifend aus.

Das war die Stunde von Wolfgang Rupf, dem Chef der Bankgesellschaft Berlin. 35 Millionen Euro machte er für die Rennstrecke locker. Zur Begründung sagte er: „Es ist mit wirtschaftlichem Sachverstand analysiert, geprüft und dann durchgeboxt worden, wie Sie wissen, gegen manchen Widerstand.“

Doch auch trotz des Sachverstands wollte sich kein Betreiber finden. Also sprang auch hier wieder die Bankgesellschaft ein. Doch das war nicht alles. Rupf finanzierte auch noch ein Hotel für 12 Millionen Euro, das bald 20 Millionen Euro kostete, Park- und Campingsplätze für 18 Millionen Euro und so weiter und so fort.

Das Ende von der Geschichte: Als Anfang 2001 klar war, dass in der Lausitz keine Formel 1, sondern allenfalls das Champ-Car-Rennen steigt, musste die Bank erstmals knapp 60 Millionen Euro nachschießen, um die drohende Pleite zu verhindern. Und das, obwohl die Bankgesellschaftstochter IBG nur zu 60 Prozent am Lausitzring beteiligt ist. Doch die anderen Eigner, die Dekra, der Landkreis Oberspreewald Lausitz und die Lausitzring Vertriebs und Managementsgesellschaft, machten sich rar. Soviel zu Rupfs „wirtschaftlichem Sachverstand“.

Käufer gesucht

Heute zählt die 130-Millionen-Euro-Beteiligung am Lausitzring zu den Projekten, die die Bankgesellschaft am liebsten wieder loswerden würde. Ein weiteres Projekt dieser Art ist der Golfplatz in Wilkendorf in der Nähe von Strausberg. Hier schlug der wirtschaftliche Misserfolg der Wilkendorfer Golf Betriebsgesellschaft, einer hundertprozentigen Tochter der Bankgesellschaft, mit 1,126 Millionen Euro als Verlust in der Bankenbilanz zu Buche. Auch dieses Projekt würde die Bank heute am liebsten loswerden. „Reduzierung auf die Kerngeschäfte“ heißt die Devise. Allein es fehlt an Interessenten für solcherlei verlustreiche Unternehmungen.

Ähnlich sieht es beim Lausitzring aus. „Wir prüfen gerade die Angebote“, sagte Bankgesellschaftssprecher Herbert Beinlich Anfang März. Doch mehr als eine Prüfung ist bislang nicht geschehen. Da helfen auch die Beteuerungen von EuroSpeedway-Chef Hans-Jörg Fischer nichts, der bis 2003 schwarze Zahlen schreiben will. Fischers große Hoffnung sind neben den fünfzehn Renn- und Showveranstaltungen pro Jahr nun „Produktpräsentationen, Tests und Fahrertrainings“.

Ach so: Auf der Homepage der Bankgesellschaft steht im Übrigen auch, was die Lausitz mit Berlin zu tun hat: „Der Lausitzring hat die Nachfolge der legendären Avus angetreten.“