Zappeln bis zum Schluss

Beim 1:1 des FC St. Pauli gegen Kaiserslautern verhindern unnötige Diskussionen ein Fußballspiel und endgültige Prognosen über das Saisonende  ■ Von Frank Schliedermann

Einen Punkt aufgeholt oder zwei verloren? Nach dem Spiel waren sich die Spieler des FC St. Pauli uneins in der Beurteilung eines Remis, das man als objektiver Zuschauer in Anbetracht mehrerer Lauterner Großchancen und einem eher fragwürdigen Elfmeter für den FC auch als durchaus glücklich bezeichnen könnte. Nichtsdestotrotz war der Punkt für die Hamburger verdient, spielten sie doch nach einer unnötigen Roten Karte von Oliver Held über 70 Minuten in Unterzahl. Held hatte bereits in der 5. Minute nach einer Singvogel-Einlage von Olaf „Tony“ Marschall Gelb gesehen, was den St. Paulianer jedoch nicht daran hinderte, 15 Minuten später derart hart im gegnerischen Strafraum einzusteigen, dass Schiri Kemmling gar keine andere Wahl blieb, als ihm die Ampelkarte zu zeigen. Eine Aktion, die Spieler wie Trainer nachher als „dumm“ bezeichneten. Bis zu dieser Szene in der 20. Minute war so gut wie überhaupt kein Fußballspiel zustande gekommen, was nur zum Teil auf das kleinliche Zerpfeifen eines übereifrigen Unparteiischen zurückzuführen war. Vor allem die nicht enden wollenden Diskussionen der 22 Akteure im Anschluss an jedes noch so unspektakuläre Foul auf Höhe der Mittellinie ließen zu keiner Zeit ein flüssiges Spiel aufkommen. Wenn bereits nach 30 Sekunden jeweils fünf Spieler jeder Mannschaft den Referee bedrängen, muss die Frage erlaubt sein, ob solche „Emotionen“ wirklich nur mit Übermotivation zu erklären sind. Das notorisch entrüs-tete Armrudern nach jedem Allerweltsfoul scheint inzwischen zu einer einstudierten Pose geworden zu sein. Eine Art tiefenpsychologische Zusatzqualifikation für ausgebuffte Bundesliga-Profis, um den Gegner zu schwächen. So bedankte sich St. Paulis Baj-ramovic nach dem Spiel artig bei seinem Kollegen Basler für die Gelbe Karte in der 1. Minute.

Der Rest der unspektakulären 1. Hälfte bestand aus einer halben Stunde Hamburger Feldüberlegenheit und zwei Lauterner Großchancen durch Olaf Marschall, der anstatt des gelbgesperrten etatmäßigen Sturms der Pfälzer zu einem unerwarteten Comeback kam. Die erste gelungene Kombination des Spiels brachte kurz nach der Pause folgerichtig die Führung für Kaiserslautern durch Lincoln. St. Paulis Trainer Dietmar Demuth reagierte und brachte nach etwa einer Stunde Christian Rahn und Marcel Rath für den erneut nicht gesprinteten Marcao. Das brachte sichtlich Belebung in das Spiel der Hamburger. Vor allem Christian Rahn zeichnete für zwei gefährliche Standardsituationen verantwortlich, die so etwas wie die 10 Minuten Erstliga-Fußball am Millerntor einläuteten. Plötzlich sahen die Zuschauer ein packendes Spiel, das mit dem Ausgleich in der 70. Minute durch den verwandelten Foulelfmeter von Thomas Meggle praktisch wieder endete. Die zehn wackeren Braun-Weißen hatten danach nichts mehr hinzuzusetzen und der UEFA-Cup-Platz-Anwärter aus der Pfalz begann in der Folgezeit aus unerfindlichen Gründen auf Zeit zu spielen, was deren Vereinsverantwortliche nach dem Spiel mit den ersten branchenüblichen Drohgebärden in Richtung Trainerstab quittierten.

Als Fazit dieses sonnigen Nachmittags, den man besser im Stadtpark verbracht hätte, bleibt nur, dass der seit 25 Spieltagen abgeschriebene FC St. Pauli nicht totzukriegen ist und gegen eine mittelmäßige Pfälzer Mannschaft einen Punkt gerettet hat. Einen gerettet oder zwei verloren.

Rest vom Fest:

Nürnberg (15.) 28 Punkte: Bayern (H), Schalke (A), Leverkusen (H), St. Pauli (A)

Freiburg (16.) 24 P.: 1860 (A), Lautern (H), Köln (A), HSV (H)

St. Pauli (17.) 21 P.: Köln (A), HSV (H), Bremen (A), Nürnberg (H)