Es klingelt nur noch zur Entlassung

Schwedischer Handyriese Ericsson streicht in drei Jahren Hälfte der Belegschaft. Börsenkurs rauscht wegen Verlusten nach unten. Zaghafter Ausblick für die Mobilfunkbranche. Bei Siemens angeblich 5.000 Arbeitsplätze im Festnetzbereich betroffen

von MARIA KLEINSCHROTH

Eine schlimme Nachricht kam gestern für Schweden, aber auch für die Mobilfunkbranche weltweit. Ericsson, einer der weltweit größten Hersteller von Handys, Telefonen und Zubehör, will in diesem und im nächsten Jahr 20.000 Stellen streichen. Die Firma hatte wegen hoher Verluste im vergangenen Jahr bereits 22.000 Arbeitsplätze weggekürzt. Derzeit gibt Ericsson die Mitarbeiterzahl mit 82.000 an.

Der Auftragseingang von Ericsson im vergangenen Vierteljahr ist von einer schlechten Ausgangslage um weitere 40 Prozent auf 41,9 Milliarden Kronen gefallen, die Verluste stiegen auf 5,4 Milliarden Kronen (588 Millionen Euro) vor Steuern. Dabei riss vor allem das Geschäft mit Geräten zum Aufbau von Handynetzen in aller Welt ein tiefes Loch in die Kasse. Der Verkauf der Handys an sich kam immerhin aus der Verlustzone, berichtete Firmenchef Kurt Hellström. Der Börsenkurs der Firma brach zeitweise um ein Viertel ein. Doch die insgesamt schlechten Nachrichten aus Schweden ließen die Aktien von Mobilfunkkonzernen und verwandten Elektronikfirmen weiter sinken, nach dem Motto: Dann wird es den anderen schon auch noch eine Weile schlecht gehen.

Ericsson fiel in den vergangenen Jahren von Platz zwei bei den Handyherstellern auf Platz sechs zurück. Als Gegenmaßnahme fusionierte es seine Produktion mit der ebenfalls hinkenden Sony. Nummer eins mit einem Marktanteil von über 35 Prozent ist unangefochten die finnische Nokia. Die erfolgverwöhnten Finnen legten ihre Zahlen für das erste Quartal vergangenen Mittwoch in Helsinki vor, und selbst sie gaben einen düsteren Ausblick für die Branche – obwohl sie immerhin noch einen Gewinn von 1,3 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 7 Milliarden Euro einfuhren.

Nummer zwei ist der frühere Branchenprimus Motorola aus den USA mit knapp 17 Prozent, so eine Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse First Boston von Ende Februar. Siemens liegt mit einem Weltmarktanteil von 7,7 Prozent auf Platz drei vor Ericsson. Die Hersteller von Mobilfunknetzen und -geräten wuchsen in den letzten Jahren um 10 bis 50 Prozent pro Jahr. Diesen Boom hatten sie teilweise in die Zukunft projiziert und entsprechend investiert. Nun merken sie, dass sich das riesige Wachstum nicht aufrechterhalten lässt, und versuchen, die laufenden Kosten zu begrenzen. Schätzungen zufolge ging der weltweite Handyabsatz 2001 auf 380 Millionen von gut 400 Millionen Stück zurück. Für 2002 rechnet die Branche wieder mit einem um 10 bis 15 Prozent wachsenden Markt.

Doch nicht nur die Mobilfunknetze leiden unter einer Sättigung in vielen Märkten. Auch beim Festnetz und bei anderen Datenleitungen ist das Wachstum ins Stocken geraten. Das belegte am Wochenende aufs Neue eine Meldung über den Siemens-Geschäftsbereich Festnetztechnik (ICN). Das Magazin Focus schrieb, dort würden weitere 5.000 Stellen gestrichen, davon 75 Prozent im Ausland. Bisher hatte Siemens schon den Wegfall von 10.000 der einst 53.000 ICN-Arbeitsplätze angekündigt. Die Sparte ICN meldete im Januar über 120 Millionen Euro Verlust für die ersten drei Monate des Geschäftsjahres.