Papst verurteilt Pädophilie als Verbrechen

Der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen durch religiöse Amtsträger in den USA veranlasst Papst Johannes Paul II. zu einem Krisentreffen mit den US-Kardinälen. Es geht um die Begrenzung des moralischen und finanziellen Schadens

ROM taz ■ Der Papst hat den sexuellen Kindesmissbrauch als Verbrechen bezeichnet, das in der Kirche keinen Platz habe. Zu Beginn eines zweitätigen Krisentreffens im Vatikan zu den Fällen von Pädophilie durch Geistliche in den Vereinigten Staaten sagte Johannes Paul II. gestern, diese Taten seien „eine entsetzliche Sünde in den Augen Gottes“. Bei dem Treffen geht es um die schwere Krise der US-Kirche, die wegen ihres Umgangs mit pädophilen Hirten in ihren Reihen moralisch wie finanziell unter Druck geraten ist. Das Bulletin des Vatikans zur Ankündigung des ungewöhnlichen Treffens erwähnt dessen Grund jedoch mit keinem Wort.

Es geht um Fälle wie den eines vor einem Monat zu zehn Jahren Haft verurteilten Priesters in Boston, der es auf 130 Missbrauchsfälle gebracht haben soll – und um seinen Vorgesetzten, Kardinal Bernhard Law. Ihm wird vorgeworfen, dieser Kette von Missbräuchen nicht Einhalt geboten, sondern stattdessen den inkriminierten Priester bloß immer wieder zu einer neuen Pfarrei versetzt zu haben.

Es geht auch um den Bischof von Palm Beach, Anthony Connell. Der legte vor einigen Wochen sein Amt nieder und gestand, sich an einem Jungen vergangen zu haben. Doch Boston und Palm Beach sind mittlerweile überall in den USA. In den letzten Jahren wurden in 17 Diözesen etwa 60 Priester wegen Pädophilieverdachts suspendiert.

Groß ist neben dem moralischen auch der finanzielle Schaden. Allein die Diözese Boston musste bisher 40 Millionen Dollar Schadenersatz leisten, was noch auf 100 Millionen steigen könnte. Zugleich zeigen die Gläubigen sich weit weniger spendenbereit gegenüber der Katholischen Kirche. Die US-Kirche ist eine der größten Einzelquellen des Vatikans.

Im US-Klerus mehren sich die Stimmen für einen Kurswechsel. So werden Forderungen nach dem Rücktritt von Kardinal Law ebenso laut wie danach, die Politik zu beenden, in der der Schutz des Rufs der Kirche und der äußerst verständnisvolle Umgang mit jenen Priestern, die unter Pädophilieverdacht geraten waren, immer absoluten Vorrang vor dem Opferschutz hatte.

Wilton Gregory, Vorsitzender der US-Bischofskonferenz, bemerkte: „Die Mea Culpas nützen nichts mehr, jetzt muss gehandelt werden.“ In der Kirche müsse „ein sicheres Umfeld für Kinder“ garantiert werden. Deshalb wird jetzt darüber nachgedacht, künftig „Transparenz“ walten zu lassen und Priester nach Missbrauchsfällen sofort zu suspendieren. Wenig Chancen dürften dagegen die in den USA populären Vorschläge haben, das Zölibat abzuschaffen. MICHAEL BRAUN