Trotz Boom rote Zahlen in der Biotech-Branche

Zwar gibt es in Deutschland nach den USA die meisten Biotech-Firmen, doch bei Umsatz und Arbeitsplätzen sind die Briten weitaus besser

BERLIN taz ■ Mit Genugtuung präsentierte Forschungsministerin Edelgard Bulmahn gestern in Berlin den „Deutschen Biotechnologie-Report 2002“ der renommierten Beratungsfirma Ernst & Young. Denn schließlich sind Wahlkampfzeiten, und der Biotech-Report bestätigt der SPD-Ministerin, dass sie mit ihren zahlreichen Förderprogrammen für die Biotechnologie auf dem richtigen Weg sei.

365 Biotech-Unternehmen zählte Ernst & Young im Jahre 2001. Das waren trotz Aktienverfall und steigender Verluste noch 33 mehr als im Vorjahr. Damit stehe Deutschland bei der Anzahl der Biotech-Firmen an der Spitze der europäischen Länderliste, gab die Ministerin stolz bekannt. Erst an zweiter Stelle folge der frühere Spitzenreiter Großbritannien.

Die Zahl der Mitarbeiter ist laut Biotech-Report 2001 gegenüber dem Vorjahr um gut 35 Prozent auf 14.408 angestiegen. Auch der Umsatz zeigte ein Plus von gut einem Drittel. Insgesamt setzte die noch sehr junge Biotech-Branche im vergangenen Jahr 1,045 Milliarden Euro um.

Trotz dieser positiven Zahlen konnte die Autorin des Reports, Julia Schüler, der Ministerin gestern einige Wermutstropfen nicht ersparen. So gebe es in Großbritannien zwar weniger Biotech-Unternehmen, insgesamt aber seien dort die „Kennzahlen“ für die Branche derzeit noch besser. Zwar sei die durchschnittliche Mitarbeiterzahl pro Firma in Deutschland von 23 im Jahre 1997 auf 39 im vergangenen Jahr angestiegen, berichtete Schüler. In Großbritannien sei diese Zahl jedoch doppelt so hoch. Auch bei den Umsätzen stehen laut Schüler die Briten weitaus besser da. Sie seien dreimal so hoch. Ursache sei, so Schüler, die verzögerte Entwicklung in Deutschland. Während Großbritannien schon seit 15 Jahren in die Biotechnologie investierte, ist Deutschland erst mit zehnjähriger Verzögerung auf den Zug aufgesprungen.

Noch schreibt die Biotech-Branche rote Zahlen. Im Jahre 2000 fielen Gesamtverluste von 247 Millionen Euro an. Im vergangen Jahr waren es sogar 411 Millionen. „Die Schere zwischen Umsatz und Investitionen wird noch weiter auseinander gehen“, prophezeite die Fachanalystin von Young & Ernst. Denn noch wird es eine Zeit lang dauern, bis die ersten Produkte auf den Markt kommen. Von den insgesamt 183 therapeutischen Biotech-Produkten, die sich derzeit in der Entwicklungspipeline befänden, ständen lediglich drei kurz vor der Zulassung.

WOLFGANG LÖHR