Krieger und Freaks

Bei „Counterstrike“ geht es nicht darum, ein Blutbad anzurichten

BERLIN taz ■ Bei „Ballerspielen“ wie „Counterstrike“ geht es nicht in erster Linie um Gewalt. Eher sind es Geschicklichkeitsspiele, bei denen man auch Frühstückseier köpfen könnte – was allerdings auf die Dauer langweiliger wäre als „reale“ Gegner. Die übermäßige Splatter-Gewaltdarstellung, die sich bei frühen „Ego-Shootern“ wie „Doom“ oder „Quake“ großer Beliebtheit erfreute, ist längst aus der Mode. Spieler, die erfolgreich gegen andere spielen wollen, schalten die Bluteffekte inzwischen sogar oft ab, weil sie vom eigentlichen Game ablenken.

Während bei den „Ego-Shootern“ das möglichst schnelle und effektive Töten virtueller Gegner tatsächlich im Mittelpunkt steht, ist „Counterstrike“ eher eine Art Räuber-und-Gendarm-Spiel. Die Teilnehmer gehören entweder zu einer Gruppe von Terroristen, die Geiseln genommen hat, oder zu einem Polizeikommando, das diese Geiseln zu befreien versucht. Es geht nicht darum, ein Blutbad anzurichten, sondern eher um Teamarbeit. Einzelgänger, die nur herumballern wollen, haben bei „Counterstrike“ keine Chance.

Inzwischen sind die erfolgreichsten „Counterstrike“-Teams, die so genannten Clans, bundesligaartig organisiert. Anders als in den USA gibt es in Deutschland zwar noch keine professionellen Spieler, aber für einen einträglichen Nebenerwerb reichen die Geldpreise, die von Sponsoren ausgeschrieben werden, aus. Neben dem eigentlichen Spiel haben sich in der Gamerszene inzwischen auch andere Genres entwickelt: So werden etwa eigene Spielwelten und Figuren gestaltet. Mit den hochkomplexen „Game-Engines“ dreht man eigene Animationsfilme oder erstellt Choreografien, bei denen die Waffen nur noch für besonders gewagte Sprünge eingesetzt werden.

Das alles geschieht mit Software, die die meisten normalen 3-D-Modelling-Programme alt aussehen lässt. Vieles, was diese Kids können, würde die meisten deutschen Informatikprofessoren überfordern – zum Beispiel den Computercode eines Spiels wie „Counterstrike“ zu lesen, um nach Programmiererfehlern zu suchen, die einem beim Sieg helfen können. Dass Computerspielen oft der Einstieg in eine Karriere als Programmierer ist, weiß man spätestens, seit die ersten Homecomputer in den 80er-Jahren eine ganze Generation selbst ausgebildeter Informatiker hervorgebracht haben. TILMAN BAUMGÄRTEL