EU-Grenzen gegen Flüchtlinge abschotten, aber wie?

EU-Innenminister wollen „politisch“ auf Flüchtlingsproblem reagieren. Stufenplan für gemeinsame europäische Grenztruppen in Vorbereitung

BRÜSSEL taz ■ Zum „Internationalen Tag des Flüchtlings“ in der kommenden Woche leistet die Europäische Union einen Beitrag der eigenen Art. Am Donnerstag beschlossen die EU-Innenminister in Luxemburg „frühzeitige politische Reaktionen“, wenn Herkunftsländer nicht konsequent gegen Menschenschmuggler und Passfälscher vorgehen. Die Entscheidung über diese politischen Reaktionen wollen die Minister dem allgemeinen Rat überlassen, der am Montag zusammentritt.

Der deutsche Innenminister Otto Schily konnte sich nicht damit durchsetzen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit auszusetzen oder Entwicklungshilfe einzufrieren, wenn Herkunftsländer ihre Grenzen für Ausreisewillige nicht dichtmachen. Vor allem die französische, schwedische und belgische Regierung lehnen Wirtschaftssanktionen ab. Der britische Innenminister David Blunkett setzt auf Rückkehrhilfen, um Regierungen zu bewegen, ihre Bürger zurückzunehmen. Entwicklungskommissar Nielson sagte, Sanktionsdrohungen machten „wenig Sinn“, da die meisten Flüchtlinge aus Krisengebieten kämen, in denen die EU keine Entwicklungshilfeprojekte durchführe. Der spanische Innenminister Mariano Rajoy betonte, dass nun die Außenminister am Zug seien.

Die EU-Kommission hat nach den rechtslastigen Wahlergebnissen der letzten Monate ihre liberale flüchtlingsfreundliche Linie abgeschwächt. Innenkommissar Antonio Vitorino, der bislang den Beitrag der Migranten zum Arbeitsmarkt betont hatte, will im Herbst Vorschläge machen, wie die Außengrenzen der EU besser geschützt werden können. Kommissionspräsident Romano Prodi warnte am Mittwoch vor dem Europaparlament, „in Dämonisierung zu verfallen“. Die Ängste der Bürger müssten aber ernst genommen werden, sonst hätten liberale Vorschläge keine Chance mehr.

Die Innenminister einigten sich am Donnerstag auf erste Schritte zu gemeinsamen europäischen Grenztruppen. Vor allem Italien möchte die Verantwortung für seine lange Küstenlinie nicht länger alleine tragen. Im April hatte sich der Ansturm deutlich erhöht. Italienische Küstenpatrouillen hatten berichtet, dass die Schlepper zunehmend brutal reagieren: Vereinzelt seien kleine Kinder ins Wasser geworfen worden, um die Grenzschützer an der Verfolgung zu hindern. Vom Gipfel in Sevilla Ende nächster Woche wird ein Stufenplan erwartet, wie die europäische Grenztruppe gebildet werden soll. Prodi warnte, nur auf Abwehr zu setzen. Er forderte die Staats- und Regierungschefs auf, in Sevilla maßvolle Beschlüsse zu treffen. Nur wenn die Fluchtursachen bekämpft würden, werde der Flüchtlingsdruck auf Europa nachlassen. In den kommenden Monaten werde die Kommission Vorschläge zu bilateralen Hilfs- und Rückübernahmeabkommen machen.

DANIELA WEINGÄRTNER