Fast musikalisch

Mehr als Denglisch: Christopher Brown stellt heute seinen Band „German Gedichte & Other Late Century Poems“ vor

„Jeder Supermarkt um die Ecke ‚relauncht‘ doch inzwischen seine Käsetheke“, stellt Christopher Brown fest. Er selbst lässt heute ganz feierlich seinen neuen Gedichtband German Gedichte & Other Late Century Poems vom Stapel. Der 1951 in London geborene US-Amerikaner lebt seit zehn Jahren in Hamburg, wo er die hiesige Poetry-Slam-Szene entscheidend mitgeprägt hat. Dabei ist er keiner von denen, die sich mit billigen Reimen und aufschneiderischer Geste beim Publikum anbiedern wollen. Sein Auftreten ist bescheiden, der Vortrag fast musikalisch, und sein Anliegen ernsthaft.

Brown schreibt auf Deutsch, auf Englisch oder in einer ganz eigenen Mischsprache. Das hat aber zum Glück wenig gemein mit dem gruseligen Denglisch der Käsetheken-Relauncher. Bei Brown ist es eine Sprache, die ihm auch zur alltäglichen Kommunikation dient. Dabei scheinen ihn besonders Schlagwörter zu interessieren, mit ihrer besonderen, oft brutalen Kraft.

Auch inhaltlich beschäftigen sich viele von Browns Gedichten mit Gewalt und Unterdrückung. In den Abschnitten „German Gedichte“ und „Dokumentär“ setzt sich Brown vornehmlich mit der Berliner Republik und ihrer Geschichte auseinander. Da heißt es zum Beispiel, „From Stalin Allee to Unter den Leichen – the Adlon ist wieder da.“ Oder „opinions open as a Hinterhof“. Brown resümiert: „Not satisfied with Selbstverständlichkeit.“

In „Schwanenwik“ beschreibt Brown zynisch seine Erfahrungen mit deutscher „Kultur on a plate with the Rote Grütze“. Und die Hamburger Reeperbahn besingt Brown mit der Strophe: „Broken teeth and broken windows/ It‘s enough to make you sick/ But when the pimps piss pink champagne/ That‘s just Finanzpolitik.“

Schlägt man das Buch von der anderen Seite auf, liegt der Schwerpunkt auf dem Englischen, und der Horizont wird globaler. Mit seinem „Global Eyes“ nahm Brown im letzten Sommer an der ersten gedichteten Globalisierungs-Konferenz in Budapest teil. Und zwar als Abgesandter Hamburgs.

Schade, dass der Gedichtband nur mangelhaft lektoriert ist. Schön, dass den ersten hundert Exemplaren eine CD beiliegt, auf der Christopher Brown eine Reihe seiner Gedichte selbst vorträgt. Wie das klingt, kann man sich heute live beim großen Book-Stapellauf im fools garden anhören. Stefanie Richter

Lesung (mit Musik): heute, 20 Uhr, fools garden; Christopher Brown, German Gedichte & Other Late Century Poems, Abera Verlag Hamburg, 17,95 Euro