Schneller an die Arbeit

SPD-Bildungssenator Böger will nach dem Vorbild Rheinland-Pfalz die Schulzeit bis zum Abitur auf zwölfeinhalb Jahre verkürzen. GEW, FDP und Grüne sind wenig begeistert

Als Sieg der CDU-Bildungspolitik will er es nicht verstanden wissen. Doch SPD-Bildungssenator Klaus Böger will jetzt das einführen, was unter Sozialdemokraten lange Zeit als konservatives Teufelszeug verschrieen war: eine verkürzte Schulzeit bis zum Abitur und eine zentrale Abschlussprüfung.

Statt wie bislang im Juni sollen die Abschlussprüfungen der GymnasiastInnen von 2006 an schon im März abgeschlossen sein. Die AbiturientInnen können dann im Sommersemester mit dem Studium beginnen. Obwohl sich die bisherige 13-jährige Schulzeit real nur um drei Monate verkürzt, läuft das neue Modell unter dem Label „zwölfeinhalb Jahre bis zum Abitur“. Vorbild dabei ist Rheinland-Pfalz, das die Schulzeit bereits reduziert hat.

Besonders begabte SchülerInnen sollen weiterhin individuell ein Jahr überspringen können oder in so genannten Schnellläuferzügen gleich das Abitur nach elfeinhalb Jahren ansteuern. In der Hauptstadt legen jährlich 12.000 SchülerInnen das Abitur ab, etwa 600 von ihnen in verkürzter Zeit. Festgeschrieben werden sollen die Neuerungen im lange erwarteten neuen Schulgesetz, das Böger im Herbst in das Abgeordnetenhaus einbringen will.

„Unser Ziel ist es, Abiturienten in kürzerer Zeit besser zu qualifizieren“, sagte der Senator gestern bei der Vorstellung des neuen Konzepts. Deshalb sollen auch die Inhalte der gymnasialen Oberstufe reformiert werden. Dazu will Böger bis zum Ende des Jahres Kerncurricula für die zentralen Fächer erarbeiten lassen. Außerdem will er – wie berichtet – zum Jahr 2006 das Zentralabitur einführen.

An der sechsjährigen Grundschule und der Durchlässigkeit der Mittelstufe soll sich laut Böger nichts verändern. Durch einen Trick sollen sowohl die von der Kultusministerkonferenz (KMK) vorgeschriebene einjährige Einführungsphase in der elften Klasse und die anschließende zweijährige Qualifikationsphase erhalten bleiben: Am Ende der 11. Klasse wird mit der Versetzung das Halbjahr 11/2 als erstes Halbjahr der Qualifikationsphase anerkennt. Das ist bislang 12/1. Die KMK hat dieses Verfahren in Mainz bereits akzeptiert.

Eva-Maria Kabisch, die zuständige Frau in der Schulverwaltung, erklärte, mit den Berliner Universitäten sei abgesprochen, dass die SchülerInnen sich schon mit ihren Vorzensuren für die Aufnahme zum jeweiligen Sommersemester bewerben könnten. Auch Bundeswehr und die Einrichtungen für Zivildienstleistende hätten die Neuregelung begrüßt und zugesichert, dass es nicht zu Verzögerungen kommen werde.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dagegen hält die Richtung von Bögers Reform für falsch. Schwächere Schüler würden darunter leiden, sagte der Landeschef der gewerkschaft, Ulrich Thöne. Stattdessen sollten lieber die Möglichkeiten ausgebaut werden, mit denen leistungsstarke Schüler einzelne Klassen überspringen könnten. Thöne kritisierte zudem, dass für das kommende Schuljahr mehr als 800 Lehrerstellen fehlen würden. Die Schulen seien „so schlecht wie nie zuvor“ auf das neue Schuljahr vorbereitet. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Mieke Senftleben, forderte Böger auf, keine „halben“ Lösungen vorzulegen. Es fehle ein „ganzheitliches Konzept“ zur Sanierung der „maroden Bildungslandschaft“. Die Grünen hatten Bögers Vorstöße bereits am Sonntag als „kontraproduktiv“ kritisiert.

SABINE AM ORDE