Schuhplattlern für die Zukunft

Die Alpenkonvention zur nachhaltigen Entwicklung lässt sich nicht ohne weiteres für andere Bergregionen übernehmen. Eins beweisen die Probleme mit ihrer Umsetzung allerdings schon mal: Ohne die ortsansässige Bevölkerung läuft gar nichts

aus Berchtesgaden B. PÖTTER

Die Ureinwohner kamen in voller Stammestracht: Zum abendlichen Festbankett am Königssee erschienen nicht nur die Delegierten aus Kirgisien in bunten Gewändern – der Berchtesgadener Bürgermeister trug Krachlederne. Anlass genug für den Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep), Klaus Töpfer, zu fordern, dass die Rechte von indigenen Völkern gestärkt werden müssten: Neben dem internationalen Abkommen über die Rechte an intellektuellem Eigentum (Trips) müsse es auch ein Abkommen zu den „Trade Related Genetic Diversity Rights“ geben. Indigene Gemeinschaften müssten in ihren Rechten an der genetischen Vielfalt und in ihrem Wissen über die Wirkung etwa von Naturmedizin geschützt werden. So könne man gerade in Bergregionen die kulturelle Identität stärken, die Wirtschaft und Umwelt der Berge verbessern und die Landflucht bekämpfen.

Die „Erhaltung und Förderung der kulturellen Eigenständigkeit der Alpenbevölkerung“ ist eines der erklärten Ziele der Alpenkonvention. In ihr haben sich die acht Alpenländer 1991 zu einer nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums bekannt. Danach soll die Wirtschaft der Region so entwickelt werden, dass Menschen und Umwelt davon profitieren. Bislang zerstören industrielle Landwirtschaft, Skitourismus und Verkehrslawinen vielerorts die Grundlagen für Leben, Wohnen und Wirtschaften auch in den Bergen. In Zusatzprotokollen zur Konvention geht es deshalb um Maßnahmen etwa beim Bodenschutz, Energie und Wasser, Tourismus, Wald und Verkehr. Doch weil die Protokolle im Gegensatz zur Konvention konkret werden, sind sie noch nicht ratifiziert. Deutschland will das Mitte Juli nachholen.

Kann die Alpenkonvention trotz aller Schwächen als Vorbild für andere Bergregionen gelten? Das wollte die Konferenz „Die alpine Erfahrung“ im internationalen Jahr der Berge Ende vergangener Woche in Berchtesgaden diskutieren. Immerhin sind ein Drittel der Erde Bergregionen, jeder Zehnte lebt dort. Berge sind Wasserspeicher für die Ebenen und stützen eine ökologische wie kulturelle Vielfalt. Auf der anderen Seite toben gerade dort viele bewaffnete Konflikte: derzeit etwa im Hindukusch, im Himalaya und im Kaukasus.

Umweltschutz könne aber auch Türöffner für Kooperation sein, erklärte Umweltstaatssekretärin Gila Altmann auf der Tagung. In der Region Berg-Karabach versuche das Bundesumweltministerium die Ausweisung von Schutzgebieten zu nutzen, um die verfeindeten Staaten an einen Tisch zu bringen.

Doch einfach übertragen lassen sich die Erfahrungen der Alpenkonvention auf andere Regionen nicht, schrieben die Delegierten in ihre „Berchtesgadener Erklärung“. Zu unterschiedlich sind die Situationen, von denen Teilnehmer aus den Karpaten, dem Kaukasus, dem Altai-Gebirge, dem Hindukusch, dem Himalaya oder den Anden berichteten. Zwar gebe es Probleme bei der Umsetzung der Konvention, kritisierte Andreas Weissen, Chef der Internationalen Alpenschutzkommission (Cipra). Doch immerhin gebe es Zusammenarbeit zwischen den Alpenländern. Und man dürfe nicht vergessen, dass „auch arme Bergregionen in den Alpen zum reichen Norden der Welt gehörten“.

Eine Lehre aus der Alpenkonvention könne allerdings gezogen werden, fanden die Delegierten: Ohne die lokale Bevölkerung läuft gar nichts. Erfolgreich könnten Projekte nur sein, wenn Regierungen, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und die Menschen vor Ort zusammenarbeiteten. So sei es auch bei der Konvention gewesen. Weissen: „Vor einem Jahrzehnt war es eine reine Schutzkonvention. Jetzt stehen die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund.“

www.cipra.org