Monopole weiter geschützt

Ob Strom, Gas oder Telefon: Ohne aktiveren Staat kommt in diesen Bereichen kein Wettbewerb, meint die Monopolkommission der Bundesregierung in ihrem Gutachten

BERLIN taz ■ Die Monopolkommission hat gestern der Bundesregierung die Leviten gelesen. Sie stellte in Berlin ihren zweijährlichen Bericht vor, das „Vierzehnte Hauptgutachten“ zum Stand der Konzentration in der deutschen Unternehmenslandschaft. Besonders kritisierte die Kommission, dass bei den wichtigen Monopolbereichen die Regierung keine Anstalten mache, die optimalen Schritte im Sinne von Wettbewerb und billigen Preisen für die Vebraucher zu unternehmen.

Die Monopolkommission besteht aus fünf von der Bundesregierung berufenen Mitgliedern: zwei Wissenschaftlern und drei Repräsentanten von großen und mittleren Unternehmen. Derzeitiger Vorsitzender ist der Mannheimer Volkswirtschaftsprofessor Martin Hellwig.

Die Kommission sieht eine Gefahr bei den „natürlichen Monopolen“, also Strom-, Gas-, Telefon- und Bahnnetz. Dort ist es bisher nicht wirtschaftlich, mehr als ein Netz aufzubauen – seien es Überlandleitungen, Bahnschienen oder die Hausanschlüsse beim Telefon. Hier gibt es entweder bundesweit (Bahn, Telefon) oder regional (Strom, Gas) Monopole oder Quasimonopole. Die Konzerne, die diese Netze besitzen, müssten nach Ansicht der Monopolspezialisten wirksamer kontrolliert werden. Laut Gesetz muss Wettbewerbern zu angemessenen Preisen Zugang zu den Netzen gewährt werden. „Die Durchsetzung dieser Vorschrift droht an verfahrensrechtlichen Problemen zu scheitern“, so Kommissionsvorsitzender Hellwig gestern. Das Bundeskartellamt muss hier gerichtsfest beweisen, welche Preisberechnung richtig ist. Das ist nicht nur schwierig, sondern dauert auch lange.

Hellwig fordert deshalb eine unabhängige, sektorenübergreifende Regulierungsbehörde für alle in Frage kommenden Bereiche. Er musste gestern allerdings konstatieren, dass die derzeitige Bundesregierung keinerlei Anstalten macht, eine solche zu schaffen. Aussagen und Gesetze wiesen vielmehr ins Gegenteil.

Breiten Raum im Hauptgutachten nehmen auch Daten zur Konzentration in der Unternehmenslandschaft ein (www.monopolkommission.de). Die hundert größten Konzerne wachsen doppelt so schnell wie der Rest, beschäftigen aber immer weniger Menschen. Sie bringen es auf 20 Prozent der Wertschöpfung und 12 Prozent der Arbeitsplätze in allen Wirtschaftsbereichen. Ein Problem ist hier, dass es das Statistische Bundesamt immer noch nicht schafft, in seinen Datensätzen Tochterunternehmen der Konzernmutter zuzuschreiben. Deshalb sind die Konzentrationsdaten für einzelne Branchen grob verfälscht.

Wie sehr eine Öffnung gewisser Märkte von Staats wegen nötig ist, zeigten gestern auch Zahlen aus Brüssel: In den 18 Staaten des europäischen Wirtschaftsraums haben bislang weniger als 900.000 Teilnehmer den Telefonanbieter für Ortsgespräche gewechselt. Norwegen ist Spitzenreiter bei der Liberalisierung – mit einer Quote von gerade mal zwei Prozent umgestellte Anschlüsse. Das sei „extrem enttäuschend“, sagte EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti. R. METZGER / B. SCHÄDER

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