Junge Profs: Viel Geld, wenig Zeit

Die ersten Erfahrungen mit der Juniorprofessur sind zwiespältig: Die Nachwuchsprofs kommen mit einem Sack voll Geld in die Uni. Aber sie haben kaum Zeit, all ihre Qualifikationsanforderungen zu erfüllen. Habilitationsschrift wird Doppelbelastung

von PHILIPP MÄDER

Die Juniorprofessoren werden eine Menge frisches Geld in die chronisch unterfinanzierten Universitäten tragen. Das zeigen erste Erfahrungen mit der neuen Personalkategorie, die die rot-grüne Regierung einführte. Die ersten 2.700 Professoren kommen mit 180 Millionen Euro im Gepäck in die Hochschulen. Das Interesse der deutschen Unis an den Juniorprofessoren ist entsprechend hoch: 52 Nachwuchsprofessoren wurden bereits eingestellt, gut 600 sollen im Wintersemester dazukommen.

75.000 Euro bringt jeder Juniorprof an Forschungsmitteln mit in die Universität. Diese Summe bewirkt vor allem in mager finanzierten Wissenschaftszweigen einiges. „Mit dem Geld vom Bildungsministerium verfüge ich Jahr für Jahr über mehr Sachmittel als mein ganzes Institut“, berichtet etwa Gerald Moers, der seit April Juniorprofessor am Seminar für Ägyptologie der Universität Göttingen ist. Dabei kann Moers flexibel mit seinem Geld umgehen. Denn die Universität Göttingen zeigt sich kooperativ bei der Verwendung der Bundesgelder. Die neuen Professoren dürfen die finanzielle Anschubhilfe des Bundesbildungsministeriums auf sechs Jahre verteilt ausgeben – so lange haben sie die Möglichkeit, sich als Juniorprofessor für eine echte Professur zu qualifizieren.

Beim Umgang mit den Geldern gibt es indes Differenzen. An der Humboldt-Universität muss das Geld innerhalb weniger Monate ausgegeben sein – das erhöht zwar den Finanzschub für die Uni, gefällt aber nicht allen Juniorprofessoren. Er würde lieber über die Jahre hinweg Verbrauchsmaterial kaufen, meinte ein Physik-Professor in einem Round-Table-Gespräch mit Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD). Andere Juniorprofessoren hatten den Eindruck, die Hochschulen würden die Nachwuchs-Stellen nur schaffen, um an die üppige Bundeshilfe heranzukommen.

Die Bildungsministerin forderte die Anwesenden daher auf, die Universitäten auf die Finanzautonomie aufmerksam zu machen, die sie genießen. Die Unis könnten die Bundesgelder sehr wohl flexibel nutzen.

Auch wenn die Juniorprofessur viel Geld in die Universitäten spült – Kinderkrankheiten zeigt das Modell dennoch. Bereits jetzt droht den frisch eingestellten Professoren die Zeit für eigene Forschung davonzulaufen. Denn die Belastung durch Lehre, Einwerben von Drittmitteln und Betreuung von Qualifikationsarbeiten ist hoch. Ingrid Ott, Juniorprofessorin für Volkswirtschaftslehre an der Universität Lüneburg, muss beispielsweise jede Woche acht Stunden Vorlesungen und Seminare veranstalten. „Wir werden später in direkter Konkurrenz zu Habilitierten stehen, die jetzt nur die Hälfte unserer Lehrbelastung haben“, ist Ott überzeugt. Honoriert werde dann aber die Forschungsleistung, nicht die Lehrtätigkeit.

Ministerin Bulmahn hielt dem entgegen, sie wolle, dass nur vier Stunden Lehre von den Jungprofs zu absolvieren sei. „Das letzte Wort werden aber die Länder in ihren Hochschulgesetzen haben“, gestand Bulmahn ein. Die meisten Länder müssen die Juniorprofessuren erst noch in ihren Landeshochschulgesetzen definieren.

Zeitmangel droht den Juniorprofessoren aber auch von anderer Seite. „Mir wurde bei den Berufungsverhandlungen klar gemacht, dass ich ohne Habilitationsschrift keine Professorenstelle erhalten werde“, berichtete Claudia Stockinger, Juniorprofessorin für Deutsche Philologie in Göttingen. Hintergrund der Karriere-Ängste Stockingers ist der erbitterte Kampf, der hinter den Kulissen um den Königsweg zum ordentlichen Professor geführt wird. Während Edelgard Bulmahn den Pfad über die Juniorprofessur – also Forschung und Lehre – bevorzugt, wollen manche Fakultäten lieber den klassischen Weg über die Habilitationsschrift beschreiten. Die Realität liegt nun aber dazwischen – ein klarer Nachteil für die Juniorprofessoren. Die Jungprofessorin Stockinger etwa will den großen Zeitaufwand für das Verfassen einer Habilitationsschrift auf sich nehmen – sie vertraut nicht auf die Kraft der Juniorprofessur, Türen zu öffnen. Obwohl die Juniorpofessur, wie Frau Bulmahn zu betonen nicht müde wird, den akademischen Gepflogenheiten des Auslands besser entspreche.