Tarifpolitik nach Gutsherrenart

Finanzkonzerne wollen Gehälter der Bankangestellten auf 65 Prozent kürzen

Ein großer Paukenschlag ist wohl auch im Bankgewerbe notwendig, um die Pläne der Finanzkonzerne zu durchkreuzen. Sie wollen das bisherige Gehaltssystem regelrecht auf den Kopf stellen, bevor sie ihren Angestellten linear nur einen Cent mehr Gehaltserhöhung geben wollen.

Doch hier gestaltet sich die Angelegenheit noch schwieriger als im Einzelhandel: Im Bankgewerbe finden die Tarifverhandlungen auf zentraler Ebene statt. So fällt der örtliche Druck auf die Geld- und Kreditinstitute durch Arbeitskampfaktionen nicht direkt ins Gewicht. Und größere Streikaktionen im weit verzweigten Filialsystem sind wegen des nicht sehr hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrades sehr schwer umzusetzen, während Streiks in den Bankzentralen auf die KundInnen kaum Auswirkungen zeigen.

Dabei geht es für die Bankangestellten ans Eingemachte: So sollen die Grundgehälter auf 65 Prozent des bisherigen tariflichen Niveaus gesenkt werden. Die restlichen 35 Prozent sollen sich die MitarbeiterInnen nach einem ausgeklügelten erfolgsabhängigen Prämiensystem dazu verdienen. Jede Kontoeröffnung oder Anlage in einem Finanzfonds, neue Sparverträge, abgeschlossene Lebensversicherungen oder frisch verkaufte Aktienpakete würden mit einer Provision vergütet. „Wenn jemand gut arbeitet, kommt er dann auf sein bisheriges Gehalt“, sagt Berthold Bose, zuständiger Sekretär bei ver.di Hamburg, „wenn jemand nicht so viel verkauft oder zwischenzeitlich krank war, bleibt er weit darunter.“

Ein solches Ansinnen lehnt ver.di kategorisch ab – auch aus Gründen der Produktsteuerung zum Schutz für die VerbraucherInnen. „Sonst wird einer 65-Jährigen ein Bausparvertrag aufgeschwatzt, obwohl sie damit gar nichts mehr anfangen kann.“ Um ver.di den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben die Banken angekündigt, freiwillig ohne Verflichtung 3,1 Prozent mehr Gehalt zu zahlen. „Eine Provakation“, so Bose, „die können sie jederzeit wieder wegnehmen – nach alter Gutsherrenart.“

Magda Schneider