Niederlage für die Energiekonzerne

Die Unternehmen E.ON und Ruhrgas dürfen vorerst nicht fusionieren, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden. Die Genehmigung des Wirtschaftsministeriums enthalte zu viele Fehler. Konkurrenz will den Zusammenschluss verhindern

von MATTHIAS SPITTMANN

Der Traum vom weltgrößten Energiekonzern mit Sitz in Deutschland ist mindestens für die nächsten Monate ausgeträumt: Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf bestätigte am Freitagabend seine einstweilige Anordnung gegen die Fusion von E.ON und Ruhrgas. Die Energiehändler Trianel und Ampere sowie die Stadtwerke Aachen und Rosenheim setzten sich mit ihrer Klage auch in der zweiten Runde durch. Die beiden „Heiratswilligen“ dürfen ihren Zusammenschluss nun bis zu einem Urteil im Hauptsacheverfahren nicht vollziehen. Das Gericht deutete an, dass es das Verfahren möglichst noch in diesem Jahr abschließen wolle.

Am 5. Juli hatte das Bundeswirtschaftsministerium den Zusammenschluss von E.ON und Ruhrgas gegen den Widerstand von Bundeskartellamt und Monopolkommission per „Ministererlaubnis“ genehmigt. Diese kann erteilt werden, wenn die Fusion trotz der Einschränkung des Wettbewerbs für die Allgemeinheit besonders wichtig ist.

Die Richter vertraten in ihrer Entscheidung die Ansicht, dass die Erlaubnis „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ unter „gravierenden Verfahrensfehlern“ zustande gekommen ist. Diese Zweifel, die bereits im Juli zur einstweiligen Anordnung geführt hatten, seien durch die mündliche Verhandlung „nicht zerstreut, sondern eher noch verstärkt worden“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Außen vor ließ der Kartellsenat des OLG Düsseldorf die Frage, ob Alfred Tacke in seiner Funktion als Wirtschafts-Staatssekretär die Entscheidung treffen durfte. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, eigentlich zur Entscheidung berufen, war früher Manager bei dem E.ON-Vorgänger Veba und hatte sich daher für befangen erklärt. Verbraucherschützer und Konkurrenten hatten argumentiert, dass es sich bei der Ministererlaubnis um eine politische Entscheidung handele. Dafür sei nicht Verwaltungsvertreter Tacke, der sich zudem an den Interessen seines Chefs orientieren müsse, sondern Müllers politischer Vertreter, Bundesfinanzminister Hans Eichel, zuständig.

Die verbleibenden Verfahrensfehler allerdings sind so schwerwiegend, dass das Zusammenschlussverbot dennoch bestehen blieb. Die Düsseldorfer Richter stützen sich dabei vor allem auf zwei Punkte: Es sei ein erhebliches Problem, dass Tacke bei der mündlichen Anhörung im Entscheidungsverfahren gefehlt habe. Die mündliche Verhandlung sei wesentlich für die Entscheidungsfindung. Wer, wie bei der Ministererlaubnis, völlig allein entscheide, müsse auch alle Argumente hören. Dass bisher nie ein Wirtschaftsminister an der Anhörung teilgenommen habe, sei kein Argument – die bisherigen Verfahren seien eben alle rechtswidrig gewesen.

Ebenso wenig akzeptabel fand das Gericht den Umstand, dass sich die Kläger zu mehreren entscheidungserheblichen Punkten gar nicht äußern konnten – so wurde ihnen eine Investitionszusage von E.ON nicht mitgeteilt.

E.ON und Ruhrgas können jetzt noch auf das Hauptsacheverfahren hoffen. Da nicht davon auszugehen ist, dass das Gericht seine Ansicht komplett ändert, bleibt nach einem ablehnenden Urteil des OLG Düsseldorf nur der Weg zum Bundesgerichtshof. Ein solches Verfahren kann allerdings Jahre dauern – zu lange in der heutigen globalisierten Wirtschaft. E.ON will daher nach einem Bericht des Spiegels die Bundesregierung dazu bringen, die Verfahrensfehler durch neue Anhörungen und Begründungen zu beheben. Wenn das keinen Erfolg hat, wird E.ON wohl die Drohung wahr machen, seine Milliarden im Ausland zu investieren.