Saubere Shirts für Stadtbedienstete

In Frankreich und den Niederlanden beteiligen sich Dutzende Städte an der Clean-Clothes-Kampagne: Beim Einkauf von Textilien achten sie auf soziale und ökologische Mindeststandards. Die deutschen Kommunen tun sich noch schwer

von MONIKA BALZER

„Es kann nicht angehen, dass die Stadt München aus wirtschaftlichen Gründen Verstöße gegen internationales Recht und die Gefährdung von Kinderleben in Kauf nimmt“, meint Münchens Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne). Anfang August beschloss der Münchner Stadtrat als erster in Deutschland, keine Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu kaufen.

In Frankreich haben bereits achtzehn Kommunen einen solchen Beschluss gefasst. Und auch in den Niederlanden engagieren sich mehr und mehr Städte für so genannte Saubere Kleidung, Clean Clothes: Im Dezember 2000 verabschiedete der Stadtrat Amsterdams eine Resolution, Ende 2001 folgte Groningen dem Beispiel. In diesen Erklärungen verpflichten sich die Stadträte, Maßnahmen zu ergreifen, die sicher stellen, dass die kommuale Verwaltung bei der Beschaffung darauf achtet, dass bei den Produkten ökologische und soziale Standards eingehalten worden sind. Bis Ende 2003 sollen sich weitere 28 Kommunen angeschlossen haben. Initiiert wurde das Projekt von der niederländischen Clean Clothes Campaign (CCC), dem Holländischen Indien Komitee und der Alternativen Konsumentenvereinigung.

Angefangen hatte es damit, dass die CCC die öffentliche Beschaffung von Arbeitskleidung unter die Lupe nahm. Immerhin tragen in Amsterdam fast 9.000 städtische Angestellte, etwa bei der Feuerwehr oder der Müllabfuhr, spezielle Uniformen. Die Stadt zahlt dafür fast zwei Millionen Euro jährlich. Bisher werden Umweltschutz und Arbeitsbedingungen von den Einkäufern nicht überwacht. Nun soll eine zentrale Agentur den Einkauf übernehmen (www.cleanclothes.org).

Frankreich ist bereits einen Schritt weiter. Hier haben rund 200 Städte beschlossen, bei der öffentlichen Beschaffung ethische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Ausgangspunkt war im Mai 1999 die gesetzliche Empfehlung des französischen Parlaments an Städte, Schulen und Familien, keine Produkte zu kaufen, die von Kindern hergestellt werden, und Kinder über ihre Rechte zu unterrichten.

Seit Februar 2000 umwirbt die französische CCC Städte und öffentliche Verwaltungen, Schulen, Universitäten und Krankenhäuser, sich an der Entwicklung eines Soziallabels und der Aufklärung der BürgerInnen zu beteiligen. Besonderes Augenmerk gilt dem Schulbedarf. Der CCC geht es nicht nur um die Kinder-, sondern um Arbeitsrechte allgemein, wie sie im Verhaltenskodex der CCC festgelegt sind. Dieser orientiert sich an den so genannten Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation. Sie umfassen das Recht, freie Gewerkschaften zu gründen, kollektive Tarifverhandlungen zu führen und gleichen Lohn für gleiche Arbeit einzufordern. Zugleich verbieten sie die Diskriminierung am Arbeitsplatz, Zwangs- und Kinderarbeit. Derzeit entsteht in Frankreich ein Netzwerk mit den beteiligten Städten. Eine Arbeitsgruppe erstellt ein Handbuch zu rechtlichen Grundlagen und Fragen der Praxis (www.ethique-sur-etiquette.org).

Und in Deutschland? Ilse Ewen vom Bundesverband für Umweltberatung in Bremen rechnet damit, dass der Münchner Beschluss wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots der Europäischen Union (EU) auf juristischen Widerstand stoßen wird. Schließlich führe die Vorgabe dazu, dass viele Anbieter ausgeschlossen werden müssten. Zudem werde Sparen von den Kommunen derzeit besonders groß geschrieben.

Allerdings gibt es bereits andere positive Beispiele wie etwa die Stadt Wuppertal, die Umweltkriterien bei der Beschaffung stärker in den Vordergrund stellt.

Ewen ermutigt die EinkäuferInnen, die Handlungsspielräume zu nutzen. Denn die billigste sei nicht immer die günstigste Wahl, wenn man die Folgekosten einbezieht. Mitte der 90er-Jahre musste die Bahn 17.000 mit dem Konservierungsstoff PCP verseuchte Uniformen als Sondermüll entsorgen. Die Kosten gingen in die Millionenhöhe.

Bislang sind die Beschaffung von Papier und Strom die zentralen Themen in den Kommunen, über Textilien zu diskutieren, ist in Deutschland noch Neuland. Aus der Sicht von Christoph Erdmengers von ICLEI, der Internationalen Agentur für lokale Umweltinitiativen, ist es nicht das Diskriminierungsverbot der EU, dass deutsche Kommunen davon abgehalten haben könnte, sich der Clean-Clothes-Initiative anzuschließen. Die Rolle der EU werde überschätzt und von den Beschaffern lediglich als Ausrede genutzt, ihre Einkaufspraxis nicht ändern zu müssen.