Kleines Licht am Ende des Tunnels

Nach dem Erreichen des Uefa-Pokals sieht die Zukunft des VfB Stuttgart ein winziges bisschen rosiger aus

STUTTGART taz ■ Der Letzte macht bekanntlich das Licht aus – und noch vor zwei Tagen sah es so aus, als stünden dem Traditionsverein VfB Stuttgart mehr als dunkle Zeiten bevor. Über 20 Millionen Euro Schulden, Streichung der Siegprämien, mögliche Gehaltskürzungen sorgten für schlechte Stimmung zwischen Management und Spielern. Staatsanwaltliche Ermittlungen gegen den Expräsidenten Mayer-Vorfelder und dubiose Spielerverträge brachten dem Verein negative Schlagzeilen. Wenn nach dem Wegfall von 5,5 Millionen Euro Fernsehgeldern jetzt noch der Strohhalm internationales Geschäft abgeknickt wäre, dann wäre es finanziell sehr eng geworden für die Schwaben. Doch nun heißt es erst mal durchatmen. Die Probleme sind nach dem 2:0-Sieg im UI-Cup-Finale gegen den OSC Lille und dem Einzug in den Uefa-Cup zwar noch die gleichen, aber man sieht Licht am Ende des Tunnels.

Dabei sah es gegen Lille lange Zeit so aus, als ob dem Bundesligisten nicht nur Geld, sondern auch Glück fehlen würde. Dank der eigenwilligen Auslegung der Abseitsregel durch das dänische Schiedsrichtergespann wurden den Schwaben zwei reguläre Treffer aberkannt. Als dann noch Stuttgarts Großverdiener und Aushilfskapitän Krassimir Balakow einen Handelfmeter gegen den Pfosten zirkelte, schien es, als hätten sich nicht nur die Dänen, sondern alles gegen den VfB verschworen.

Doch ebendieser Balakow, der dank Mayer-Vorfelder und seinem unbefristeten Arbeitsvertrag so lange für den Verein spielen darf, wie ihn ein Arzt für fußballtauglich hält, brachte die Schwaben mit seinem Treffer in der 81. Minute zurück. Zumindest in diesem Moment war der 36-jährige Bulgare jeden Cent seiner zirka drei Millionen Euro Jahresgage wert. Der Treffer von Kevin Kurjani zwei Minuten vor Schluss brachte Trainer Felix Magath und sein Team dann endgültig weiter.

Ende gut, alles gut? Obwohl die Uefa-Cup-Qualifikation wie ein warmer Regen in die leeren Kassen des Vereins ist, denkt Manager Rolf Rüssmann nicht daran, den Geldbeutel aufzumachen und seinen tapferen Kämpfern außer warmen Worten auch eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen. „Ich bin es doch gewöhnt, der böse Bube zu sein“, so Rüssmann trotzig. Wo kein Geld sei, da könne man auch keines ausgeben, verteidigt der Manager den Vorstandsbeschluss, nach dem in dieser Saison keine Siegprämien gezahlt werden. Und die 100.000 Euro, die man für die Fernsehübertragung des UI-Cup-Finales erhalten hat, seien eher ein Witz.

Trikotsponsor Debitel wird den Auftritt des Vereins mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen haben. Hatte man doch darauf bestanden, die Verhandlungen, ob und zu welchen Konditionen man den Werbevertrag, der zum Saisonende ausläuft, verlängern will, erst nach dem wichtigen Spiel zu führen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Am Neckar hat das große Büßen für die Fehler der Vergangenheit begonnen: Da wurden Spieler zu beinahe jedem Preis verpflichtet, die entweder halbe Sportinvaliden waren oder kaum Oberligaformat hatten. Spieler, die – nachdem sie genug verdient hatten – ablösefrei gingen. Eine unrühmliche Zeit, die den Verein in seine finanzielle Schieflage brachte. Dies will man in Stuttgart nun auch nicht mehr klaglos hinnehmen. So ließ der Verein die Abschlussbilanzen der Jahre 1997 bis 2000 von einem Wirtschaftsprüfer durchleuchten. Scheinbar mit greifbaren Ergebnissen, denn das umfangreiche Gutachten liegt nun bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft und bei einem Anwaltsbüro. Das soll prüfen, ob man die Verantwortlichen für den Schuldenberg belangen kann.

So kämpfen die Schwaben weiter tapfer an allen Fronten um jeden Cent. Und dank des Drei-Millionen-Euro-Mannes Balakow kämpfen sie sogar international. PETER-MICHAEL PETSCH