Schröder macht gut Wetter

Über 100 Staats- und Regierungschefs auf Weltkonferenz in Johannesburg. Schröder verspricht 500 Millionen Euro für Ökostrom in Entwicklungsländern. Die Verhandlungen kommen voran

JOHANNESBURG/BERLIN epd/ap/taz Gestern ging der Weltgipfel in Johannesburg in die entscheidende Runde. Vor mehr als 100 Staats- und Regierungschefs rief UN-Generalsekretär Kofi Annan zu mehr „politischem Mut“ auf. Jetzt auf entschlossene Schritte zu verzichten käme die Welt teuer zu stehen. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der zu einem siebenstündigen Kurzbesuch in Johannesburg weilte, erklärte vor der Konferenz, Deutschland werde in den kommenden fünf Jahren 500 Millionen Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energien in Entwicklungsländern investieren.

Der Klimawandel sei inzwischen „bittere Realität“. Die schlimmste Flutwelle in der deutschen Geschichte und die Verwüstung ganzer Landstriche in Asien und Amerika zeigten, dass entschiedenes Handeln erforderlich sei. Schröder appellierte „vor allem auch“ an die USA, „ihrer Verantwortung beim Klimaschutz nachzukommen“. Zudem rief er die Industrieländer auf, ihre Märkte für Produkte aus den Entwicklungsländern zu öffnen und marktverzerrende Agrarsubventionen abzubauen.

Auch der britische Regierungschef Blair plädierte für eine Öffnung der Weltmärkte. Sein Land werde die Entwicklungshilfe für Afrika bis 2006 auf rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen. Frankreichs Präsident Chirac betonte, reiche und arme Länder müssten eine „globale Allianz“ für die nachhaltige Entwicklung schmieden. Der kanadische Regierungschef Jean Chrétien kündigte überraschend an, er werde noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung des Kioto-Protokolls vorlegen. Zudem werde Kanada sein Entwicklungshilfebudget bis 2010 verdoppeln.

Zu Beginn der Beratungen hatte der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki die Teilnehmer gedrängt, sich auf einen konkreten Aktionsplan zu einigen. Die Staats- und Regierungschefs haben bis Mittwoch Zeit, sich über den 71-seitigen Entwurf zu verständigen.

Einige Streitpunkte räumten die Delegierten in der Nacht von Sonntag auf Montag aus: 2,5 Milliarden Menschen leben bislang ohne angemessene sanitäre Anlagen, 1,2 Miliarden ohne sauberes Trinkwasser. Diese Zahlen sollen nun bis 2015 halbiert werden. Die Verhandlungen zum Passus über erneuerbare Energie traten hingegen weiter auf der Stelle. Über die umstrittenen Agrarsubventionen sollten Gespräche aufgenommen werden.

Im Interview mit der taz sagte gestern auch CDU-Politiker Wolfgang Schäuble zu, die Entwicklungshilfe erhöhen zu wollen. „Unsere Anstrengungen sind immer zu wenig gewesen“, bekannte Schäuble. Der derzeitige Anteil liegt bei 0,27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zudem warnte er seine Partei vor dem „Scheuklappenprinzip“, wenn es um Globalisierungsgegner gehe. Nicht alles, was die Bewegung „Attac“ sage, sei falsch.

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