Ein Wunschbaby für 6.300 Euro

Umstritten und in Deutschland nicht erlaubt: Belgischer Arzt verhilft Eltern beim zweiten Kind zum Wunschgeschlecht ihres Babys. Maschinen sortieren gespendete Spermien nach X- und Y-Chromosomen

Es gilt bei vielen werdenden Eltern als ein spannender Moment während der Schwangerschaft: Der Arzt oder die Ärztin stellt fest, ob das Baby ein Junge oder ein Mädchen wird. Und wenn die Töchter statt des erhofften Bruders noch eine Schwester bekommen, dann ist das eben eine Laune der Natur. Der Endokrinologe Frank Comhaire von der belgischen Universität Gent sieht das allerdings anders: Für 6.300 Euro verhilft er Eltern zu einem Kind mit Wunsch-Geschlecht.

Comhaire vermittelt Paare an ein US-Institut, bei dem männliche und weibliche Spermien in einer speziellen Sortiermaschine voneinander getrennt werden. „Bisher haben 15 Paare aus ganz Europa an dem Projekt teilgenommen, 5 Frauen konnte ich bei ihrem Babywunsch helfen“, berichtet der Mediziner. Vor der künstlichen Befruchtung schickt er das Sperma an ein Institut in Virginia. Dort unterteilt eine Maschine die Spermien nach X- oder Y- Chromosom.

Die vorsortierten Spermien werden mit einem Katheter in die Gebärmutter injiziert oder das Ei wird in einem Reagenzglas befruchtet. Die Erfolgsquote liegt nach Angaben Comhaires zwischen 75 Prozent bei Jungen und 85 Prozent bei Mädchen. Das erste derartige Wunschkind kam 1995 in den USA zur Welt, zuvor war die Technik mehr als ein Jahrzehnt lang nur in der Viehzucht erlaubt. Comhaire zufolge ist die Technik bislang bei 1.000 Paaren angewendet worden, 400 Kinder seien so auf die Welt gekommen. Eine Zunahme von Missbildungen habe sich nicht gezeigt.

Der Vorsitzende des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren, Michael Thaele, gibt allerdings zu bedenken: „Wir wissen noch nicht, ob die Behandlung Einfluss auf die Spermien oder die Eizelle der Mutter hat – auszuschließen ist es nicht.“ Hinterfragt werden müsse zudem, ob ein solches Bestimmungsrecht der Eltern mit dem Wohl des Kindes vereinbar sei.

Obwohl die Methode umstritten ist, hat sich Comhaire nach eigener Einschätzung moralisch nichts vorzuwerfen: „Ich kann keine Gefahr für die Gesellschaft, für die jeweilige Familie oder die Gesundheit des Babys entdecken.“ In Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz, eine Eizelle mit einer nach ihrem Geschlecht ausgewählten Samenzelle künstlich zu befruchten. „Auch die Mitwirkung eines Mediziners an einem solchen Projekt in einem anderen Land ist strafbar“, erklärt Thaele. Das Verbot gelte nur dann nicht, wenn das Kind mit der Spermien-Auslese vor einer geschlechtsgebundenen Erbkrankheit wie der Bluterkrankheit geschützt werden könne.

Comhaire findet diese Regelung unsinnig. Schließlich sei die Frage der Geschlechtswahl privater Natur. „Da soll sich der Staat nicht einmischen.“ Den von ihm behandelten Familien macht er dennoch gewisse Auflagen. Ein Paar muss wenigstens schon ein Kind haben, bevor es das Geschlecht des zweiten auswählen darf. Außerdem muss das gewünschte Geschlecht in der jeweiligen Familie in der Minderzahl sein. Wer schon zwei Jungen hat, kann sich nicht noch einen dritten „dazubestellen“. Die Mütter dürfen zudem nicht älter als 40 Jahre sein.

„Unter diesen Vorbedingungen kann man das vielleicht akzeptieren“, sagt Thaele. „Es entsteht ja niemandem ein Schaden, wie das beispielsweise bei der Selektion von Embryonen der Fall ist.“ Klaus Müßigbrodt (dpa)