IN DER MEDIENBRANCHE BESTIMMEN DERZEIT DIE BANKEN, WO ES LANGGEHT
: Rettet Springer!

Nein, so hatten wir das nicht gemeint: Der Axel Springer Verlag, Europas größtes Zeitungshaus, gehört nun also zu einem guten Teil der Deutschen Bank. Und auch wenn die erklärt, diese 40 Prozent der Aktien schnell wieder loswerden zu wollen, bleibt die Erkenntnis: Dank der Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch und der Werbekrise bestimmen in der Medienbranche derzeit die Banken, wo es langgeht.

Diese Entwicklung ist ungesund: Medienunternehmen produzieren keine Kreuzschlitzschrauben oder Zahnpasta, wo es auf eine Sorte mehr oder weniger nicht ankommt. Auch die Springer-Presse und die Kirch-Sender stehen für publizistische Vielfalt, von ebenfalls schwer angeschlagenen Kreditnehmern wie der Frankfurter Rundschau ganz zu schweigen.

Banken hingegen denken und arbeiten anders. Sie können sich nicht von verlegerischen Idealen leiten lassen, die – aller berechtigter Kritik zum Trotz – auch das Handeln Leo Kirchs oder des Springer-Vorstandes Mathias Döpfner bestimmen.

Dass die Banken ihre Rolle nicht als langfristiges Engagement begreifen, ist nur auf den ersten Blick tröstlich: Schließlich haben die Kreditinstitute viel Geld in Medienunternehmen injiziert, die nun an ihrem Tropf hängen. Geld, das sie gern und möglichst bald wiedersehen möchten. Dies aber heißt, dass ihnen am kurzfristigen Verkaufserfolg mehr liegen muss als an einer wirtschaftlich wie publizistisch langfristig erfolgreichen Perspektive. Für die Medienbranche, die selbst keine Anzeichen für eine baldige Besserung ihrer desolaten Lage sieht, sind das alles andere als gute Aussichten.

Nun haben natürlich nicht etwa die Banken die Kirchs & Co in den Ruin getrieben. Dafür haben die Unternehmen mit zu hohen Erwartungen an die unendlich steigerungsfähige Zahlungsbereitschaft der werbetreibenden Industrie und der Endverbraucher selbst gesorgt. Doch die Banken haben genauso gern diesem Wachstumsmythos geglaubt. Und die Kredite bewilligt, die ihnen jetzt die Macht über diverse Medienunternehmen geben. STEFFEN GRIMBERG