Geschockt über Nobelpreis

Drei Chemiker werden für die Entwicklung neuer Analysemethoden geehrt. Genutzt werden die Verfahren bei der Diagnose und zur Entwicklung von Arzneimitteln

Ein Schweizer, ein US-Amerikaner und ein Japaner erhalten den diesjährigen Nobelpreis für Chemie. Dies teilte das Karolinska Institut in Stockholm mit. Die Preisträger, der US-Forscher John Fenn (85) der Japaner Koichi Tanaka (43) und Kurt Wüthrich (64) aus der Schweiz, erhielten die Auszeichnung für ihre Arbeiten zur Analyse von biologischen Makromolekülen, wozu auch Proteine zählen. Die Möglichkeit, Eiweiße zu analysieren und dreidimensional darzustellen, habe das Verständnis der Lebensprozesse erweitert. Den Angaben zufolge erhält Wüthrich die Hälfte des Preisgeldes von rund einer Million Euro. Fenn und Tanaka teilen sich die andere Hälfte.

Zwei Jahrzehnte lang hatte sich der Chemiker Fenn gefragt, ob seine Studien „wichtig genug für die Menschheit“ seien, um eines Tages mit dem Nobelpreis belohnt zu werden. Als ihn dann der Weckruf aus Stockholm erreichte, war er schockiert. „Ich bin völlig benebelt, weiß überhaupt nicht, was ich tue“, sagte Fenn von der Virginia-Commonwealth-Universität in Richmond.

Wüthrich gilt international als Pionier einer Lieblingsmethode der Chemiker. Er hat es ermöglicht, mit Hilfe der Kernresonanzspektroskopie (NMR) sehr große Moleküle zu analysieren. Nach Ansicht seiner Kollegen war der Nobelpreis für diese Leistung „überfällig“. Die Kernresonanzspektroskopie gibt Informationen über die dreidimensionale Struktur und die Beweglichkeit von Molekülen. Durch seine Arbeiten habe Wüthrich dieses Verfahren auch für Proteine möglich gemacht, schreibt das Nobel-Komitee. Wüthrich arbeitet an der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) in Zürich und am Scripps Research Institute in La Jolla, USA.

Die Arbeiten der drei Biochemiker haben nach Angaben des Nobel-Komitees zu einem Paradigmenwechsel in der Arzneimittelentwicklung geführt. So könnten etwa mit der Massenspektrometrie nun hunderte von Verbindungen pro Tag analysiert werden. Die Technik ermöglichte es, frühzeitige Diagnosen von Krebsformen sowie von Malaria zu entwickeln. Außerdem kann diese Technik auch zur Schadstoffanalyse eingesetzt werden.

Fenn und Tanaka hatten ein weiteres wichtiges Verfahren entwickelt: „Die Massenspektrometrie kann gar nicht hoch genug gewertet werden für die Forschung in der Chemie, Biochemie und im neuen Feld der Proteomforschung“, sagte Robert Huber, Direktor am MPI für Biochemie in Martinsried bei München, der 1988 selbst den Nobelpreis bekommen hatte. Tanaka arbeitet heute beim japanischen Messgerätehersteller Shimadzu in Kioto. DPA/WLF