Wo, bitte, gibt es Hanbok?

Der Senat zollt den Gastarbeiterinnen der ersten Stunde – den koreanischen Krankenschwestern – mit einer Broschüre Respekt für vorbildliche Integration

In Korea kann man alles machen. Sich daneben benehmen, prügeln beim Sex und natürlich auch lügen, wenn es sein muss. In „Lies-Lust und Lügen“, dem seit kurzem in Berlin laufenden Streifen des koreanischen Regisseurs Jang Sun-Woo erfahren wir Dinge über Korea, die selbst die großzügigsten Grenzen eurozentristischer Klischeewelten sprengen.

Geht es doch um Love-Motels, eine bizarre sexuelle Beziehung zwischen der 18-jährigen Schülerin J. und dem 38-jährigen Y., die sich in ihren Obsessionen immer mehr steigern. Die Grundfesten der Gesellschaft versuchen die beiden Sexrebellen dabei nicht ernsthaft zu erschüttern. Dennoch wurde der Film, kurz nach seinem Erscheinen in Seoul, wegen Pornografie verboten. Ist mit unserem Koreabild also doch alles in Ordnung? Eine Nation stets höflicher, zivilisierter, arbeitsamer Koreaner. Voller konfuzianischer Moralvorstellungen und, wenn’s sein muss, auch ziemlich autoritär?

Damit Koreainteressierte in Berlin nicht länger nur entweder im einen oder anderen Extrem über das Land der Morgenstille denken, gibt es seit Samstag eine neue Informationsbroschüre des Berliner Senats. „Korea in Berlin von A bis Z“ heißt das Heft, das die Ausländerbeauftragte Barbara John anlässlich des 30-jährigen Bestehens des „Vereins koreanischer Krankenschwestern“ hat herausgeben lassen. Die 40-Seiten-Broschüre informiert kompetent über Kimchi (eingelegtes Gemüse) und Hanbok (traditionelle Kleidung) und wo sie in Berlin zu finden sind. Ein Überblick über die koreanische Kultur wird geboten und auch über die sehr wechselhafte Geschichte des Landes.

Vielen BerlinerInnen ist nicht bewusst, dass es überhaupt eine koreanische Community gibt. In Deutschland leben zur Zeit etwa 1.500 Nordkoreaner und 21.000 Südkoreaner, davon 4.000 bis 5.000 allein in Berlin. Obgleich die Nordkoreaner hier noch eine ihrer wenigen Außenposten unterhalten, bestehen selbst in Berlin zwischen Nord- und Südkoreanern keine Kontakte.

Im Moment studieren etwa 5.000 Koreaner an deutschen Universitäten, davon etwa 700 an den Berliner Hochschulen. Das Angebot an koreanischer Kultur ist überraschend vielfältig: Neben zahlreichen Taekwondoschulen gibt es zum Beispiel mehrere buddhistische Vereine und Zentren für koreanischen Zen-Buddhismus, Kurse in Kalligrafie und Tuschmalerei, Tanz- und Trommelgruppen, Ausstellungen koreanischer Kunst und Sprachkurse – um nur einiges zu nennen. Eine große Anzahl Restaurants hat koreanische Speisen im Angebot, die sich übrigens von der chinesischen oder japanischen Küche deutlich unterscheiden. Mit „Kims Karaoke“ fehlt natürlich auch nicht eine Adresse für die in ganz Asien beliebte Playback-Veranstaltung. Koreanistik als Studienfach an den Berliner Universitäten ist, da gibt es nichts zu beschönigen, jedoch immer unbeliebter.

Alles begann mit der Anwerbung südkoreanischer Krankenschwestern ab Ende der 50er-Jahre. Allein bis 1977 kamen etwa 3.000 Schwestern nach Berlin. Viele davon entschlossen sich später, in Deutschland zu bleiben. Außerdem lernen in Südkorea rund 250.000 Schüler und Studenten Deutsch. Die deutsch-koreanischen Beziehungen enden also keineswegs bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, obwohl diese sehr wichtig ist. 2001 war Deutschland wichtigster europäischer Handelspartner Koreas. GUNHILD STIERAND

Die Broschüre ist für 1,50 Euro bei derSenatsverwaltung in der PotsdamerStraße 65 erhältlich.