Urbane und rurale Sounds

Der Soundtrack des neuen Südafrika: Mit „Bongo Maffin“ kommt am kommenden Sonntag eine der wenigen auch international erfolgreichen Bands der „Generation Kwaito“ aus dem Kap-Staat nach Hamburg

von JAY RUTLEDGE

Während sich hierzulande die Musik Südafrikas noch immer auf Miriam Makeba oder die in den späten 80ern mit Paul Simons Graceland bekannt gewordenen Ladysmith Black Mambazo beschränkt, entstand in den schwarzen Townships Südafrikas nach dem Ende der Apartheid eine neue Musikform: Kwaito, eine verlangsamte Version von House gemischt mit HipHop, Reggae und R‘n‘B. International sind die Stars der Szene wie Zola, Mandoza, M‘du bislang erschreckend selten zu hören gewesen – CDs der derzeit erfolgreichsten Musiker Südafrikas gibt es hierzulande bislang gar nicht zu kaufen. Eine der seltenen Gelegenheiten, live den neuen Sound Südafrikas zu erleben, sollte man sich schon deshalb nicht entgehen lassen; gerade wenn Bongo Maffin, eine der derzeit besten und innovativsten Kwaito-Acts in der Stadt sind.

Mit Miriam Makeba verbindet Bongo Maffin nur soviel, dass sie für die legendäre Sängerin die einzige Kwaitoband sind, mit der sie die Bühne teilen würde. Das liegt nicht nur daran, dass einer der ersten Hits von Bongo Maffin „Makeba“ eine Kwaito Version von „Pata Pata“ war. Es hat auch mit der für Kwaito anderen Attitüde der drei Musiker Appleseed, Stoan und Thandi alias Red zu tun. Statt wie so viele der mit Kwaito zu Reichtum gekommenen Musiker mit Goldketten und teuren BMWs die Ghettosuperstars zu mimen, propagieren sie in ihren Texten und ihrem Erscheinungsbild einen hippen Mix aus urbanen Sounds und Rückbezügen auf afrikanische Tradition und haben damit auch innerhalb des Kwaito selbst einen eigenen Stil erschaffen.

Bongo Maffin gingen aus einem der experimentellsten Studios, Kalawa Jazmee, hervor, einem der Kwaito-Labels der ersten Stunde um den Produzenten Oscar Mdlongwa und Bruce Sebitlo. Damals wollten die großen Majorplattenfirmen wie EMI oder Sony die neue schwarze Musik aus den Township nicht signen. So mussten die ersten Stars ihre eigenen Studios und Plattenfirmen aufmachen. Es entstanden Arthur Mafokates 999 Records, Ghettoruff, oder eben Kalawa Jazmee.

1996 verliess Kalawas damaliger Hauptact Boom Shaka das Label. Bongo Maffin wurde gegründet, um die Lücke zu füllen. Appleseed, der Ragga-Sänger der Gruppe, kam aus Zimbabwes Hauptstadt Harare nach Johannesburg, Rapper Stoan brach sein Studium gegen den Willen seiner Eltern ab, um professionell Musik zu machen. Nummer drei im Bunde war damals Rapper Speedy. Nachdem das erste Album gefloppt war, nahm man die heutige Frontsängerin Thandi dazu. Speedy stieg vor dem aktuellen fünften Album Bongolution wieder aus. Das ist zwar ein Verlust für die Liveperformance, war aber – so Thandi –„doch das Beste für alle, denn Speedy interessierte sich nie wirklich für die afrikanische Kleidung und die ernsteren Songs, er wollte immer eher Party machen.“

Die charismatische Leadsängerin Thandi gab der Band einen tieferen, mehr spirituellen Vibe. Thandi wuchs im Township Soweto auf, ihre Eltern waren jung und hatten kein eigenes Haus, so wurde sie zwischen den Verwandten hin und hergeschoben. Die Mutter starb früh, der Zusammenhalt der Familie zerbrach; geblieben ist ein Stolz auf ihre afrikanischen Wurzeln. Den Künstlernamen Red nahm sie nach einem Traum an; der in einem roten Zimmer endete.

Auch live unterscheiden sich Bongo Maffin von den meisten Kwaito-Stars. Statt playback mit ein paar Tänzerinnen aufzutreten, bringen sie ihre sechsköpfige Band auf Tour. Damit haben Bongo Maffin nicht nur in Südafrika Erfolg, wo sie 2000 und 2001 den Kora Award, eine Art afrikanischen Grammy, als beste afrikanische Band bekamen und schon mit Skunk Anansie, Jazztrompeter Hugh Masekela oder Chaka Khan die Bühne teilten. Besonders in den USA kommen sie mit ihrer back to the roots-Message gut an. Zwei Fragen kann Thandi allerdings nicht mehr hören: Erstens den Vergleich mit Lauryn Hill (singt auch mit zwei Männern). Antwort: „Wir haben beide Dreadlocks, sind gleich alt. Ich rappe nicht und sie singt nicht in Xhosa.“ Zweitens der Vergleich mit Erykah Badu (trägt auch immer so afrikanisches Zeug). Ihre Antwort fällt knapp aus: „Ich habe schon Kopftücher getragen, da konnte Erykah das Wort Afrika noch nicht einmal buchstabieren.“

Sonntag, 10.11., 21 Uhr, Fabrik