Mobilcom interessiert in Frankreich nicht

Regierung in Paris ignoriert das deutsche Ansinnen auf Schadenersatz. EU will Staatshilfe für deutsche Firma prüfen

PARIS/BERLIN taz ■ Von einem Schadenersatz für das von France Télécom fallen gelassene deutsche Unternehmen Mobilcom wollen die Franzosen bislang nichts gehört haben. Ihre Medien ignorierten gestern die von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller genannten Forderungen von bis zu 18 Milliarden Euro.

Nachdem die Franzosen Ende vergangene Woche ausgestiegen waren, konnte Mobilcom nur durch ein angekündigtes Hilfspaket der Bundesregierung von 400 Millionen Euro vor der Insolvenz bewahrt werden. Das Pariser Finanzministerium und die Unternehmenszentrale von France Télécom gaben keinerlei Kommentar zu dem Thema ab. Und Frankreichs Industrieministerin Nicole Fontaine schlug den seit Mitte letzter Woche sitzenden Nagel noch etwas tiefer ein: „Der Bruch zwischen France Télécom und Mocilcom war nicht zu vermeiden.“

Mehrere Tage nach Bekanntgabe der Rekordverschuldung von France Télécom in Höhe von 70 Milliarden Euro und nach der Rücktrittsankündigung von Unternehmenschef Michel Bon, interessieren sich die Franzosen vorrangig für die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Fiaskos in ihrem eigenen Land. Eine der zentralen Fragen lautet jetzt: Welche Restrukturierung wird es für das Unternehmen mit seinen 150.000 Beschäftigten geben?

Was den deutsch-französischen Aspekt der Affäre betrifft, bereitet sich Paris, ebenso wie Berlin, auf einen Rechtsstreit vor. Dabei geben sich beide Seiten siegesgewiss. Während es im Amt des wahlkämpfenden Bundeskanzlers heißt: „Wir befinden uns in einer ausgezeichneten Rechtslage“, erklärt Jean-François Pontal aus der Chefetage der France Télécom: „Unsere juristische Position ist sehr solide.“

Über die deutsch-französische Freundschaft hatte der neue Pariser Regierungschef Jean-Pierre Raffarin bereits Ende August erklärt, dass er davon „etwas enttäuscht“ sei. Zu der gegenwärtigen Aufregung hat er sich nicht geäußert.

Das deutsche Wirtschaftministerium reagierte auf die Äußerungen der französischen Industrieministerin mit Zurückhaltung. Pressesprecher Steffen Moritz wies auf die Verpflichtung von France Télécom hin, die Verträge mit Mobilcom zu erfüllen. Auch bei einem endgültigen Bruch seien sie nicht vom Tisch, so der Sprecher.

Die EU-Kommission in Brüssel besteht auf einer Überprüfung der geplanten Hilfen über 400 Millionen Euro für das angeschlagene Telefonunternehmen. „Wir werden den deutschen Behörden bald ein Auskunftsersuchen überstellen“, sagte ein Kommissionssprecher gestern in Brüssel. Es müsse geklärt werden, ob es sich bei den geplanten Rettungskrediten um staatliches Engagement oder einen marktüblichen Kredit handele.

D. HAHN, S. NIEDERMEIER

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