Weiterwurschteln wie bisher

Die Bremer Sozialdemokraten geben Volldampf für die Bürgerschaftswahl. Eine neue Broschüre richtet sich an „Multiplikatoren“, das Wahlprogramm für den Mai 2003 steht in den ersten Zügen

Strukturell ist Bremen rot – nur nicht so sehr bei der Wahl zum Landesparlament

Mit Sekt und Schnittchen wurde gestern ein neuer Satellit der Bremer taz vorgestellt: Produziert von Ex-tazler Milko Haase, Fotos von Ex-tazler Kay Michalak und Cartoons von Immer-Noch-taz-Illustrator Til Mette. Das vierseitige Hochglanzprodukt heißt sogar „Rot:Heute“, wird aber von der Bremer SPD-Bürgerschaftsfraktion verantwortet, die damit „Informationen“ unters Volk, genauer unter die sogenannten Multiplikatoren streuen will. Das bunte Blättchen erscheint ab sofort fünf Mal im Jahr in 3.000er Auflage und geht an Presse, Verbände und Organisationen.

„Kritisch, aktuell, humorvoll – und ohne ständiges Kriegsgeschrei“, wie Fraktionschef Jens Böhrnsen im Impressum schmunzelt, will die Fraktion die Entscheider „informieren“ – und mit ähnlichen Broschürchen von CDU und Grünen gleichziehen.

Hinter der PR-Offensive der Bremer SPD steckt ein gravierenderes Problem: Das Land ist strukturell rot bis rot-grün – nur bei den Bürgerschaftswahlen machen viel zu wenige ihr Kreuzchen an der „richtigen“ Stelle.

Bei der Bundestagswahl lupfen sich die Sozen stets mehr oder minder problemlos in die Nähe der absoluten Mehrheit, beim Urnengang zum Landesparlament sackt die Wählerzahl jedoch ständig drastisch ab. Noch schlimmer: Die der CDU bleibt nahezu konstant.

Die Zahlen sind frappierend: Am 22. September gaben 183.000 Bremer der SPD ihre Zweitstimme (das entspricht 48,56 Prozent), bei der Bürgerschaftswahl im Juni 1999 waren es nur 124.000 (42,55 Prozent): 59.000 Wähler weniger!

Die CDU mobilisiert ihre Klientel bedeutend besser: Im September 2002 bekam sie 93.000 Stimmen (24,57 Prozent), bei der Bürgerschaftswahl 1999 waren es sogar 108.000 (37,09 Prozent): plus 15.000!

Das tut den Bremer Genossen weh. Eigentlich sind die Zahlen nur das Ergebnis von fünf Jahrzehnten roter Regentschaft, nach denen das Land bei Bildung und Arbeitslosen im Bundesvergleich die rote Laterne trägt.

Die Bremer SPD denkt jedoch so, als würde es keine Schwächen geben: Einerseits betonen die Oberen, die Landes-SPD solle sich vor dem 25. Mai 2003 bloß nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Aber vor allem: Die SPD-affinen Bremer müssten einfach besser mobilisiert werden.

In diese Kerbe haut auch das neue Wahlprogramm der Genossen, dessen erster Entwurf am Samstag öffentlich diskutiert werden soll. Der Titel hat Pathos: „Für unser Land – für Bremen und Bremerhaven begeistern“.

Drin steht: Weiterwurschteln wie bisher – also nichts wesentlich Neues. Die SPD verstehe sich „als die bestimmende politische Kraft im Land Bremen“, wabert Landeschef Detlev Albers gleich im Vorwort los. Dann setzt das Programm darauf, die „Erfolge mit der Strategie ‚Sparen und Investieren‘“ fortzuschreiben. Mit CT III und CT IV, dem Tiefwasserhafen, dem Medienzentrum im Faulenquartier, dem Science Park an IUB – oder auch mit der Modernisierung des Zoos am Meer in Bremerhaven. Alles natürlich, ohne „Sanierungsanforderungen und die einer nachhaltigen Entwicklung als Gegensätze“ zu interpretieren“.

Kai Schöneberg

Das „Programmforum“ der SPD u.a. mit Detlev Albers, Henning Scherf, Willi Lemke am Samstag, 16. November, 10 Uhr, Uni Bremen, GW 1