Rechte werden auch vor Presse geschützt

Bei der NPD-Demonstration vor zwei Jahren verprügelten zwei Polizisten einen japanischen Fernsehjournalisten auf dem Alexanderplatz. Ein dritter versuchte, die Tat zu decken. Alle stehen nun vor Gericht. Die Beweislage ist erdrückend

Zwei Polizisten stehen seit gestern als Angeklagte vor dem Amtsgericht Tiergarten. Am Rande einer NPD-Demonstration am 25. November 2000 sollen sie einem japanischen Journalisten unvermittelt und ohne Grund mit den Fäusten mehrere gezielte Hiebe ins Gesicht verpasst haben. Auch gegen die Brust hätten sie Herrn N., den Chefkorrespondenten eines japanischen Fernsehsenders, geschlagen, sagt die Staatsanwaltschaft. Der erlitt einen Jochbeinriss und Prellungen, zudem ging seine elegante Brille zu Bruch.

Auch ein dritter Beamter sitzt auf der Anklagebank. Er hatte behauptet, seine Kollegen seien von dem Journalisten angegriffen worden, nicht umgekehrt. Doch es gibt das Video eines Hobbyfilmers, der das Geschehen damals mit der Kamera verfolgt hatte. Der dritte Polizist ist nun wegen „der Verfolgung Unschuldiger“ angeklagt.

Der Vorwurf der Körperverletzung im Dienst ist keine Kleinigkeit. Das Delikt wird mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Die Angeklagten sitzen breitschultrig vor der Richterin, schweigen zunächst, lassen körperliche Überlegenheit wirken. Dann meint der Beamte L., er habe den Japaner lediglich geschubst, als die Polizei den NPD-Aufmarsch nach Flaschenwürfen von Gegendemonstranten beenden wollte. Der Polizist H. sagt dazu nichts. Der Eindruck, dass der Beamte R. das Fehlverhalten seiner Kollegen decken wollte, bleibt dagegen weiterhin bestehen. Mehrmals hat er nach jenem besagten Tag wiedersprüchliche Erklärungen abgegeben. Jetzt will er seine Haut retten und sagt, der Mann auf dem Videofilm könnte auch ein ganz anderer Asiate gewesen sein.

Dies ändert indes nichts an der erdrückenden Beweislast der Zeugenaussagen. Der Hobbyfilmer erklärt der Richterin: „Es ist mir ein Rätsel, warum die Polizei zuschlug.“ Es habe keinen ersichtlichen Grund für ihr Vorgehen gegeben. Der Journalist habe deutlich erkennbar zwei Presseausweise um den Hals hängen gehabt. Und auch Herr N. führte gestern mehrfach mit der ausgestreckten Hand die Bewegung vor, mit der er damals auf dem Alexanderplatz den Polizisten seine Ausweise gezeigt habe. Er sei zu jenem Zeitpunkt auf der Suche nach seinem Kameramann gewesen, der im allgemeinen Gedränge der Demonstration verloren gegangen war. Die Schläge der Polizisten hätten ihn völlig unvorbereitet getroffen. Die Staatsanwältin nickt, die Angeklagten gucken aus dem Fenster.

Herr N. ist ein scheuer, höflicher Mann in grauem Anzug. Um sprachliche Ungenauigkeiten zu vermeiden, übersetzt eine Dolmetscherin seine japanischen Sätze ins Deutsche. Er möchte nicht, dass sein Name in der hiesigen Presse erscheint und auch sein Arbeitgeber soll nicht in der Zeitung stehen. Sein Anwalt sagt, Herr N. sei noch immer tief getroffen von dem Vorfall. Er könne nicht verstehen, dass sich bislang keiner der handelnden Personen bei ihm entschuldigt habe. Nicht einmal der Polizeipräsident hätte ihn um Verzeihung gebeten. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

KIRSTEN KÜPPERS