Stoiber erklärt Kandidatur für beendet

Zum Auftakt des CSU-Parteitags rät der Vorsitzende seinen Kollegen, „sich auf vier Jahre Opposition einzustellen“. Inhaltlich kehrt der Ministerpräsident zu alten Rezepten zurück: Zuwanderung stoppen, Ehe und Familie verteidigen

MÜNCHEN taz ■ Ein triumphaler Einzug sieht anders aus. Als Edmund Stoiber kurz nach 13 Uhr in die große Halle des Kongresszentrums auf der Münchner Messe einzog, erwartete den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden eine gähnende Leere, denn die meisten Delegierten erfreuten sich noch an den Bergen von leckeren Schmankerln, die vor der Tür gereicht wurden. „Stoiber kommt und keiner merkt es“, kommentiert ein Kollege vom Bayerischen Rundfunk verblüfft.

So unscheinbar der Einzug, so blass blieb auch die Rede, die Stoiber dann zur Eröffnung des CSU-Parteitags hielt. Erst zum Ende setzte er zwei Schwerpunkte, die auf den Kurs der CSU in den nächsten Wochen und Monaten hindeuteten. Zum einen wiederholte er – unter heftigem Applaus der Delegierten – mehrmals, dass eine EU-Mitgliedschaft der Türkei für ihn aus kulturellen Gründen nicht möglich sei. Dann kündigte er den bevorstehenden „größten Wahlbetrug Schröders“ an, der „in den nächsten Wochen das Gegenteil dessen machen wird, was er den Wählern in der Irakfrage vor den Wahlen zugesagt hat“. Eine Änderung der Oppositionstaktik verriet zudem ein am Morgen veröffentlichtes Stoiber-Interview, in dem er seinen Parteikollegen in CDU und CSU riet, „sich auf vier Jahre Opposition einzustellen“. Von einer vorzeitigen Ablösung der Regierung war keine Rede mehr.

Inhaltlich aber verweigerte Stoiber ebenso wie seine Parteikollegen die Benennung neuer Konzepte in Wirtschaftspolitik und in Fragen von Steuern, Renten und Sozialbeiträgen. Dafür legte der Parteivorstand einen 20-seitigen Leitantrag vor, der eine deutlich rechtskonservative Richtung weist: Zuwanderung stoppen, Ehe und Familie verteidigen, weit gehende Ablehnung von Ganztagsschulen, Verschärfung von Maßnahmen der inneren Sicherheit.

Am rechten Rand darf neben der CSU eben kein Platz mehr bleiben „für einen Populisten wie den ermordeten Pim Fortuyn“. Das betonte CSU-Generalsekretär Thomas Goppel, der damit zugleich seinen Vergleich der Wahlergebnisse von 1933 und 2002 rechtfertigte. Auf einer Parteiveranstaltung am Vortag hatte er gesagt: „Die Wahlkreise, die 2002 Schwarz gewählt haben, haben auch 1933 Schwarz gewählt.“ Dagegen habe man in den Wahlkreisen, in denen 2002 SPD gewählt wurde, damals eine andere Farbe gewählt. SPD und Grüne hatten darauf Goppels Entlassung gefordert, der nun aber in seiner Parteitagsrede noch einmal nachlegte: „Wir hatten 1933 Arbeitslosigkeit und Rezession in hohem Maße. Wir hatten 1933 aufgeregte Bürger Es herrschten Ratlosigkeit und Beliebigkeit vor. Solche Zeiten können zu Geburtsstunden für Demagogen werden.“ Deswegen sei der Vergleich richtig und nötig: „Sonst wirft man uns später vor, wir hätten nicht rechtzeitig gewarnt.“ Außerdem bezog sich Goppel auf eine Äußerung des SPD-Politikers Ludwig Stiegler, der die Unionsparteien im Zusammenhang mit den NPD-Verbot angegriffen hatte. „Deren Vorläufer“ hätten Hitler „verharmlost und an die Macht gebracht“. JÖRG SCHALLENBERG