taz-serie
: Die Kontinente

Josef Storfer

Der heute fast vergessene Sprachforscher, Wiener-Kaffeehaus-Bewohner und Journalist Adolf Josef Storfer lebte von 1888 bis 1944. Der Berliner Verlag Vorwerk 8 hat unlängst seine beiden Hauptwerke wieder ausgegraben: „Im Dickicht der Sprache“ und „Wörter und ihre Schicksale“. Die taz bringt daraus in den nächsten Ausgaben Storfers Studie über „Die Namen der fünf Erdteile“.

Darin erfahren wir unter anderem, warum Europa einen asiatischen Namen trägt, wie es dazu kam, dass ein unbedeutender Heringshändler zum Taufpaten der Neuen Welt avancierte, wie Pedro Fernandez de Quirós, kaum dass er seinen Fuß auf eine mickrige Pazifikinsel gesetzt hatte, kurzerhand die halbe südliche Hemisphäre „mit allem, was dazu gehört“, in Besitz nahm und warum unsere amerikanischen Freunde nicht von ungefähr Austria und Australia immer wieder durcheinander bringen.

Storfer führte selbst ein bewegtes Leben, das ihn schließlich bis ans andere Ende der Welt verschlug. Als Kind eines Holzhändlers und einer jüdischen Mutter kam er in Siebenbürgen zur Welt. In Wien und Zürich studierte er Jura, betätigte sich als Gerichtsreporter und wurde schließlich Korrespondent der Frankfurter Zeitung. Um 1913 unterzog er sich bei Sigmund Freud einer Lehranalyse. Während des Krieges war er Soldat, später leitete er den Psychoanalytischen Verlag und gab die erste Gesamtausgabe Freuds mit heraus. 1938 entkam er mit knapper Not nach Schanghai, wo er sich umgehend wieder publizistisch betätigte und die Gelbe Post herausgab, eine der anspruchsvollsten Emigrantenzeitschriften. 1943 wich Storfer vor der japanischen Besatzung nach Melbourne aus, wo er an Krebs starb.

Neben der Psychoanalyse war die Etymologie die Leidenschaft seines Lebens. Seinen 1935 und 1937 erschienenen Bänden war ein spektakulärer Erfolg beschieden. Modern wirkt sein interkultureller Ansatz, wonach Sprache immer schon Vermischung beinhaltet. STEFAN SCHOMANN