Freizügiger Umgang

Streicherensembles und „Beatles“-Produktionskniffe: „Tahiti 80“ wollen keine Retro-Veranstaltung sein und forschen im Logo schlicht nach gutem Pop

Ohne personelle Umbesetzung sind Tahiti 80 aus Rouen derzeit wieder auf Tour. Xavier Boyer, Mederic Gontier, Sylvain Marchand und Pedro Resende bringen ihr neues Album mit, das die vier endlich von ihrem Sixties-Pop-Image befreien soll.

Denn dass sie immer noch in die Retro-Ecke abgeschoben werden, ärgert sie manchmal. „In der Band werden viele verschiedene Einflüsse verwertet und wir sind eigentlich nicht in den Sechzigern stehen geblieben. Wenn man uns fragt, was uns am stärksten geprägt hat, sagen wir: ‚Alles von Aphex Twin bis The Zombies‘“, so Sänger Xavier Boyer. „Aber wir lieben einfach guten Pop, genauso wie Musik aus Jamaika.“

In Japan zählen Tahiti 80 zu den erfolgreichsten internationalen Bands, dort verkaufte sich ihr letztes Album Puzzle (1999) häufig genug, um der Band eine Goldene Schallplatte einzubringen. Das aktuelle Album Wallpaper For the Soul schließt stilistisch nahtlos an den Vorgänger an, und klingt doch voller und nach der Erfahrung, die sich mittlerweile eingestellt zu haben scheint. Zu den Remix-Interessenten für den Titelsong zählen derzeit Schneider TM und High Llamas-Mastermind Sean O‘Hagan.

Wieder liefern Tahiti 80 zeitlich schwer einzuordnenden Pop ab, der sich freizügig an vier Dekaden Musikgeschichte bedient. Zwischen Folk, Dub und etwas Gitarrenpop fließt das angenehm dahin, um schnelle Songs haben sie diesmal einen großen Bogen gemacht. Beteiligt war auch ein 18-köpfiges Streicherensemble, arrangiert von Richard Hewson, der schon das Let It Be-Album der Beatles veredelte. „Er ist wirklich sehr gut und hat viele kleine Details eingebaut“, sagt Boyer, „teilweise haben wir unsere Stücke kaum wiedererkannt.“

Anfangs irritieren da vermehrt elektronische Klänge. „Tahiti 80 ist natürlich keine Elektronika-Band. Aber wir haben kein Problem damit, solche Sounds zu benutzen. Schließlich sind wir in den Achtzigern aufgewachsen.“

Die Zusammensetzung ihrer musikalischen Rezeptur bescherte ihnen nicht ausschließlich Fans. Zu soft seien Tahiti 80, befanden manche, zu gefällig, meinten andere, vor allem aber würden sie nicht originell genug klingen für eine aktuelle französische Band. „Wir kommen zwar aus Frankreich, müssen aber deswegen ja nicht das Gleiche machen wie Daft Punk oder Manu Chao“, verteidigt sich Boyer. „Deutsche Bands klingen ja auch nicht alle wie Die Toten Hosen oder Kraftwerk.“ Schließlich: „Wir haben uns immer schon als abseits der französischen Musikszene verstanden – und auch von jeder anderen Szene.“

Alexander Ebert

Dienstag, 21 Uhr, Logo