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Fiat vor einem Führungswechsel

Neue Chefs ermöglichen Italiens Premier Berlusconi Zugriff auf die größte Zeitung

Der zweite Regisseur hinter den Kulissen heißt Silvio Berlusconi

ROM taz ■ Zu den seit Anfang dieser Woche auf Null-Kurzarbeit gesetzten 5.600 Fiat-Arbeitern gesellen sich überraschend voraussichtlich zwei weitere Arbeitslose – die beiden Chefs des Fiat-Konzerns. Kaum hatten Fiat-Chef Gabriele Galateri und der Präsident des Verwaltungsrats Paolo Fresco mit der Regierung – und an den Gewerkschaften vorbei – den Rettungsplan für das Unternehmen ausgehandelt, erfuhren sie aus der Zeitung die Namen ihrer Nachfolger. Galateri zog noch am Dienstagabend die Konsequenzen und erklärte seinen Rücktritt. Fresco erklärte sich dazu nicht bereit, dürfte aber bald entlassen werden.

Bloß auf den ersten Blick mutet der anstehende Führungswechsel als logische Konsequenz aus der Firmenkrise an, denn wenigstens Galateri kann angesichts einer fünfmonatigen Amtszeit kaum für die verzweifelte Situation von Fiat verantwortlich gemacht werden. Faktisch vollzieht die Eigentümerfamilie Agnelli mit dem Rauswurf einen Strategiewechsel: Sie begibt sich in die Hände der Mediobanca – der wichtigsten italienischen Investmentbank –, die bei der jetzigen Operation offenbar federführend ist.

Der zweite Regisseur hinter den Kulissen heißt Silvio Berlusconi, der ausgezeichnete Kontakte zu Mediobanca unterhält. Der der Mailänder Bank nahe stehende Manager Enrico Bondi soll nun Nachfolger von Galateri werden. Mediobanca – und Berlusconi – stünde damit der Zugriff auf wichtige Beteiligungen des Fiat-Konzerns offen, von den Tageszeitungen La Stampa und Corriere della Sera bis zu der großen Versicherungsgesellschaft Toro Assicurazioni.

In den letzten Monaten hatte Berlusconi versucht, mit dem Corriere della Sera die größte Zeitung des Landes seiner Kontrolle zu unterwerfen. Der Versuch, einen befreundeten Unternehmer in das den Corriere kontrollierende Eigentümerkartell zu drücken, war aber nicht zuletzt am Widerstand von Fiat gescheitert. Mit einem „befreundeten“ Fiat-Management hätte ein neuer Anlauf gute Aussichten. Corriere-Chefredakteur Ferruccio De Bortoli und die Mitte-links-Oppositionsparteien zeigen sich überzeugt, dass Berlusconi die Fiat-Krise zur Gleichschaltung einer weiteren, unabhängigen Stimme nutzen möchte.

Für die Autosparte rechnen Insider dagegen mit einer Aufteilung: Die Luxusmarken Ferrari, Maserati und Alfa sollen in einer Gesellschaft zusammengefasst werden – in Italien wird über ein Zusammengehen mit Volkswagen spekuliert –, während Fiat und Lancia an General Motors weitergereicht werden sollen. Ob die Operation unter der Regie von Regierung und Mediobanca gelingt, steht noch nicht fest. Die vier größten Gläubigerbanken von Fiat – sie hätten über eine Wandelanleihe von 3 Milliarden Euro bald Zugriff auf das Firmenkapital – haben in einer Erklärung harten Widerstand gegen die hinter ihrem Rücken vollzogenen Rochaden an der Fiat-Spitze angekündigt, die das Sanierungskonzept in Frage stellten. Die Banken dürfen sich dabei auf die Unterstützung des italienischen Notenbankpräsidenten Antonio Fazio verlassen. Auch er hat wohl begriffen, dass der Gegenstand des Konflikts um die zwei Chefsessel die generelle Neuordnung der ökonomischen Machtverhältnisse in Italien ist. MICHAEL BRAUN

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