Diplomatische Sklaverei

Geschlagen, schikaniert – vor allem: angeschrien. Nach einer Umfrage werden diplomatische Hausangestellte in Berlin oft schlecht behandelt und zu gering bezahlt

„Geh dich waschen, du stinkst!“ – Hausangestellte bei Botschaftsangehörigen müssen oft einiges ertragen, wenn ihre diplomatischen Arbeitgeber das Wort erheben – oder die Hand. Sie werden geschlagen, schikaniert, beleidigt und vor allem: angeschrien. Sie sind Frauen, meist Asiatinnen und tauchen im öffentlichen Leben kaum auf.

Um herauszufinden, was in diplomatischen Haushalten passiert, hat die Organisation Ban Ying, die in Berlin Frauen aus Südostasien unterstützt, eine Umfrage gemacht. „Überhaupt an die Frauen heranzukommen, war sehr schwer“, sagt Nivedita Prasad, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ban Ying. „Die meisten sind total von der Außenwelt abgeschnitten und kennen von Deutschland nichts als ihren Diplomatenhaushalt.“ Mit neun Frauen hat sie schließlich gesprochen. Das Ergebnis: Die Frauen arbeiteten oft 17 bis 18 Stunden am Tag oder gleich ganz rund um die Uhr. Haushalt, Kinder und Haustiere versorgen, Putzen, Kochen und Waschen sind ihre Aufgaben – immer viel mehr als ursprünglich abgesprochen. Der Lohn schwankt zwischen etwa 120 bis 550 Euro im Monat oder ist vollkommen unklar. Bezahlt wird sowieso immer bar, ohne Quittung. Fast alle sind schon angeschrien worden, manche geschlagen und psychisch unter Druck gesetzt. Eine durfte nicht schlafen gehen, bevor ihre Arbeitgeberin selbst müde war. Einer anderen wurde mit der Polizei gedroht, falls sie kündigen sollte.

Eins haben sie gemeinsam: Sie können sich kaum wehren. Gegen die diplomatische Immunität ihrer Arbeitgeber sind sie faktisch machtlos. Das internationale Völkerrecht schützt die Diplomaten vor Strafverfolgung, damit sie ungestört ihr Amt ausüben können. Die Angestellten der Botschaftsangehörigen sind damit faktisch rechtlos gestellt.

Ban Ying will jetzt bei der UN nach der Frauenrechtskonvention Cedaw in einem Fall Beschwerde einlegen: Eine Exangestellte eines israelischen Botschaftsangehörigen fordert Gerechtigkeit, weil sie für 284 Euro im Monat arbeiten sollte, obwohl ihr rund 800 Euro versprochen worden waren. „Es muss endlich ganz grundsätzlich etwas getan werden, und zwar für alle betroffenen Hausangestellten“, sagt Nivedita Prasad. Ihre Organisation hält eine Änderung des Immunitätsgesetzes für Diplomaten für notwendig. BIANCA KOPSCH