vorlauf
: Anarchischer Frauenliebling

„Ein Fall für zwei“ (200. Folge, 20.15 Uhr, ZDF)

Wie Privatdetektiv Matula in ausgebeulter Blue-Jeans, ewig an Geldmangel leidend, respektlos mit Obrigkeiten parlierend durchs glamouröse Bankenviertel Frankfurts streift, dafür haben wir ihn schon immer geliebt. Weil er nicht dienert. Keine Stiefel von Mächtigen und Kapitaleignern leckt. Weil er trotz zunehmend rabiateren gesellschaftlichen Leistungs- und Konkurrenzkampfes einfach er selbst bleibt. Mit aller Vehemenz stellt er sich sturbockig hinter die Armen und Entrechteten.

Kurz: Matula alias Claus Theo Gärtner ist eine Charakterfigur mit anarchistischem Wesen, justizkritisch und immer zur Palastrevolte bereit, die im deutschen Fernsehen Seltenheitswert hat: Sozusagen der personifizierte Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit. Kein Wunder, dass die Serie auch im europäischen und außereuropäischen Ausland beliebt ist.

Auch in der 200. Folge „Alpträume“ geht Claus Theo Gärtner wieder aufs Ganze. Selbst wenn alle anderen Zeugen nichts gesehen haben wollen – Matula hat beobachtet, dass auf der Polizeiwache ein Ausländer geprügelt wurde. Und hat vor Gericht ausgesagt.

Die Nachteile bekommt er in dieser Folge zu spüren: Der damals freigesprochene Polizist hat nichts vergessen. Rachsüchtig will er den zivilcouragierten Privatdetektiv als Mordverdächtigen nageln. Im Doppelpack mit dem charmanten Rechtsanwalt Dr. Lessing (Paul Frielinghaus), der leicht abgehoben solch Bodenständigkeit mit melancholisch-sympathisierenden Blicken betrachtet, ist Matula als Alltagsheld unschlagbar.

Simple Gut-Böse-Muster sind auch in dieser Folge nicht angesagt. Wieder einmal wird es ein überraschendes Ende geben, das sentimentale Sehnsucht nach Gerechtigkeit ad absurdum führt. Wieder einmal wird die düstere Realität siegen. Und wieder streift Matula als einsamer Wolf, als gottverlassener Detektiv, der nicht auf die Kräfte der Liebe vertraut, durch den Film. Und weil er die Illusion trauter Zweisamkeit zwischen Mann und Frau auf diese Weise als Lügenkonstrukt entlarvt, ist Matula auch erklärter Liebling der Frauen.GITTA DÜPERTHAL