Sonnenschein-Garant für Südkorea

Roh Moo-hyun, der neue Präsident, steht für korruptionsfreie Politik und Annäherung an Nordkorea

Er hat für seine politische Überzeugung im Gefängnis gesessen. Er hat politisch verfolgte Studenten schon unter den harten Bedingungen einer Militärdiktatur verteidigt, als andere Anwälte sich nicht trauten, mit dieser Klientel auch nur zu sprechen. Und er setzte sich schon vor der Sonnenscheinpolitik Kim Dae-jungs für einen Dialog mit Nordkorea ein. Roh Moo-hyun, Menschenrechtsanwalt und neuer Präsident von Südkorea, besitzt Durchhaltevermögen.

Der im Ausland bislang weitgehend unbekannte Roh ist ein charismatischer Politiker. Mit seinen Auftritten vermag er das Publikum zu fesseln. Seine offene Art und die ungewöhnliche Ehrlichkeit, die der 56-jährige mit dem breiten Lächeln ausstrahlt, wirken beruhigend. So reichte Roh schon in seiner ersten Pressekonferenz nach der Wahl die Hand gen Washington und bot den USA seine Mithilfe im Umgang mit dem „bedrohlichen Norden“ an. Roh gewann die Wahl gerade wegen seines klaren Bekenntnisses für die Fortsetzung der Entspannungspolitik und des Dialogs mit Pjöngjang, das seit einigen Wochen droht, ein still gelegtes Atomprogramm wieder aufzunehmen. Roh zeigte aber auch machtpolitischen Instinkt, als er die nationalistisch angehauchten antiamerikanischen Demonstrationen für seinen Wahlkampf nutzte und den Landsleuten eine Reform der Gesetze über die Stationierung von US-Truppen im Süden versprach.

Genauso wichtig für seinen Wahlsieg ist sein Image als Vertreter einer jungen, aufgeschlossenen Generation. Roh gehört zu jenen Politikern, die als Studenten den Kampf für demokratische Institutionen aufnahmen und ihre politische Reife während der Zeit der Demokratisierung seit 1988 erlangten. Innenpolitisch bedeutet dies, dass er als Vertreter einer Garde gilt, die frei von Korruption und engen Banden mit den einst mächtigen Familienkonglomeraten, den Chaebols, ist. Roh steht für eine weitere Einschränkung der Wirtschaftsmacht dieser Chaebols und will einen selbstständigen und unabhängigen Mittelstand fördern. Das ist Musik in den Ohren junger Firmengründer.

Der Vater von zwei Kindern ist auch beliebt, weil viele Südkoreaner die Tellerwäscherkarriere des Autodidakten bewundern. Roh stammt aus der südlichen Kyeongsang-Provinz und ist seit 1973 mit Kwon Yong-saak verheiratet, die ihm in schweren Zeiten unter der Militärdiktatur immer zur Seite stand und auch in diesem knappen Rennen als engste Wahlkampfhelferin dabei war. Die südkoreanische First Lady dürfte deshalb auch in den nächsten fünf Jahren in den Vordergrund rücken und neue Impulse für die Frauen in der Politik des Landes geben.

Rohs politische Karriere begann in Pusan, wo er 1988 als Vorsitzender der Bewegung für eine demokratische Verfassung erstmals in die Nationalversammlung, gewählt wurde. In den 90er-Jahren stieg Roh als Mitbegründer der Demokratischen Partei zur bekannten politischen Führungspersönlichkeit auf. Regierungserfahrung sammelte er bei seinem Vorgänger, Präsident Kim Dae-jung, unter dem er sieben Monate Agrarminister war. Roh verließ das Land nur dreimal in seinem Leben, die USA hat er noch nie besucht. Im Gegensatz zu vielen Altersgenossen lernte Roh aber als Autodidakt genug Englisch, um fließend Konversation zu betreiben.

ANDRÉ KUNZ