berliner szenen Nach den Feiertagen

Alles wird gut

An Feiertagen trifft man in Berlin auf lauter langsam gehende Menschen mit ausdruckslosen Feiertagsmienen. Ob sie auf dem Weg zum nächsten Festessen sind? Sind es familiäre Verpflichtungen, die diesen routinierten Gesichtsausdruck des Man-muss-ja hervorrufen? Oder trägt man einfach mal wieder eine ganz falsche Brille? „Vielen Dank, aber leider der komplett falsche Film“? Und wie sieht man eigentlich selber aus? (Vermutlich genauso.)

Dieser Feiertagsennui macht einen richtig fertig. Schön, dass es in Berlin auch für solche Fälle Abhilfe gibt. Einige Museen haben sogar zwischen den Jahren geöffnet. Im Ostasiatischen Museum in Dahlem gibt es zum Beispiel noch bis Anfang März moderne chinesische Landschaftsmalereien zu sehen, die dem Betrachter für eine kurze Zeit auf wunderbar altmodische Weise Versenkung ermöglichen. In diesen Landschaften hält man sich gerne auf, der weihnachtliche Lebensüberdruss wird bekömmlich – und schlägt sogar ins Ästhetische um. „Den herbstlichen Flüssen möchte ich meine Seele überlassen“, schreibt He Tianjian auf sein Bild aus dem Jahr 1943: „Überdrüssig bin ich, mit Pinsel und Tusche meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.“ Auf dem Wasserfall-Bild von Li Xiangcai aus dem Jahr 1962 steigert sich diese Verzweiflung noch. Hier hat der Regen die Bäche bis zum Bersten gefüllt, nun stürzt alles hinunter, auf immer und ewig. Und in den zerklüfteten Gebirgen des Wong Wuxie, 1985 gemalt, grollt es so unsagbar tief und düster, dass man gerade noch rechtzeitig ins Hier und Jetzt zurückfindet.

Mit Erleichterung nimmt man das bedächtige Schlurfen der Museumswächter wahr. Es ist warm, es ist trocken. Alles wird gut. MATTHIAS ECHTERHAGEN