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Architektur als Denkraum

Männerbehaarung abfotografiert und mit Rokoko-Ornamentik vergleichen und anschließend betanzen: „Bau, Körper, Bewegung“: 3. Architektur-Tanz-Symposium von Koinzi-Dance

von MARGA WOLFF

BodyBuildings nannte sich 1994 das erste Projekt. TänzerInnen betanzten damals die Hamburger Börse. Seither widmet sich Nele Lipp, Gründerin und Leiterin von Koïnzi-Dance, der Schule für Interdisziplinäre Kunst Hamburg, der Verbindung von Tanz und Archtiktur, fasziniert von den Parallelen, die sich da immer wieder auftun.

„Es ist schon bemerkenswert, sagt die Künstlerin, Wissenschaftlerin und Pädagogin, „dass sich zwei so gegensätzliche Disziplinen auf so vielen Ebenen treffen.“ Dass dem so ist, hat sie in ihren Recherchen zu einem Lexikon zu Tanz und bildender Kunst herausgefunden. Anlass für Nele Lipp, nun bereits zum dritten Mal in jährlicher Folge das Symposium Bau – Körper – Bewegung zu veranstalten.

Flüchtigkeit und Vergänglichkeit sind die Attribute, die typischerweise dem Tanz anhaften. Architektur dagegen steht für solide Materialität und Dauer. Das Symposium führt jetzt WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen zusammen, die in Querverbindungen denken: ChoreografInnen, die den Tanz als Gestaltung sich gegenseitig durchdringender innerer Räume verstehen. ArchitektInnen, die sich von einer statischen Stein-auf-Stein-Logik verabschiedet haben.

Bei Kurt Koegel treffen sich beide Aspekte: Der Architekt und Tänzer wird über seine choreografischen Projekte sprechen. Strukturen von Bewegung, der Bau des Körpers, seine Transparenz und Durchlässigkeit interessieren den gebürtigen Amerikaner. Damit trifft er den Kern der diesjährigen Veranstaltung: „Haut und Membran – Grenzen und Öffnungen in Tanz und Architektur“ lautet das Thema. Veranstaltungsort ist das Architektur Centrum Hamburg im ehemaligen Postgebäude am Stephansplatz. „Ich, die Performancekünstlerin, musste mich da schon zu den Architekten hinbewegen“, stellt die Veranstalterin fest. Doch gibt es durchaus Annäherungen von der anderen Seite, wie Nele Lipp bei ihren Nachforschungen feststellte. Fündig wurde sie immer wieder bei den Diplomarbeiten des Architekturstudienganges an der Hochschule für bildende Künste.

Joachim Jacob etwa, der heute als freier Künstler in Hamburg arbeitet, hatte den Haarwuchs auf Männerkörpern untersucht und in Wirbeln und Windungen Ähnlichkeiten zur Ornamentik des Rokoko entdeckt. Die dokumentierten Haargebilde baute er aus Heugarben auf einer Wiese nach – und ließ sie betanzen. Beim ersten Symposium 2000 hatte er diese Arbeit vorgestellt. In diesem Jahr sind es Michaela Groth und Jan Haarmann, die mit ihrem Architekturmodell zu Heiner Müllers Text Germania Tod Berlin eine außergewöhnliche Verbindung von literarischem Konzept und architektonischer Struktur vorstellen.

Prof. Winfried Neuhuber, Ordinarius für Anatomie von der Universität Erlangen-Nürnberg, der über die Haut als sinnliche Grenze referieren wird, meint, dass die menschliche Haut sich geradezu anbiete als metaphorisches Paradigma für eine neue „evolutionäre Architektur“. Auf die Erkenntnis, dass Haut mit dem menschlichen Organismus und mit der Umwelt interagiert, bezieht sich auch die Arbeit des Tänzers Robert Wechsler mit dem Computeringenieur Frieder Weiss. In dem Workshop „Haut und elektronischer Impuls“ werden von der Haut abgenommene Impulse in Bilder und Töne transformiert, die wiederum als Vorlage für eine Choreografie dienen.

Bau – Körper – Bewegung III Haut und Membran in Tanz und Architektur:Donnerstag, 9. bis Sonnabend, 11. Mai 2002. Workshop: 9. /10. Mai, 11-17 Uhr. Symposium 11. Mai ab 15 Uhr. Alle Veranstaltungen im Architektur Centrum Hamburg Anmeldung: Info@koinzi.de Tel. 04184-7484

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