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Arbeitslosenunion

■ SPD fordert aktive Arbeitsmarktpolitik in Berlin / Keine sozialversicherungsfreien Billigjobs mehr? / Bekämpfung drohender Schwarzarbeit angekündigt

West-Berlin. Um den absehbaren sozialen Problemen aus dem Zusammenwachsen beider Hälften Berlins im Zuge der Währungs und Wirtschaftsunion entgegenzusteuern, fordert die SPD -Fraktion im Abgeordnetenhaus für den Großraum Berlin eine aktive regionale Arbeitsmarktpolitik. Diese müsse mit einer zukunftsorientierten Struktur- und Wirtschaftspolitik verbunden sein. Nach Ansicht der stellvertretenden SPD -Fraktionsvorsitzenden Elga Kampfhenkel wird sich die rasche Zunahme der Arbeitslosigkeit in der DDR besonders in Berlin auswirken.

Dies könne zu sozialen Unruhen in der DDR und zu einem Verdrängungswettbewerb in West-Berlin führen, sagte Frau Kampfhenkel gestern. Die Arbeitsämter seien derzeit nur ungenügend auf diese Entwicklung vorbereitet. Sie müßten daher künftig in den Betrieben tätig werden, um Abbau und Bedarf der Arbeitskräfte abschätzen zu können. Unmittelbar nach Eintritt der Arbeitslosigkeit müsse es zu Umschulungs oder Qualifizierungsmaßnahmen durch die Arbeitsämter kommen.

Es sei eine „katastrophale Situation“ entstanden, nachdem sich bei den Metalltarifverhandlungen in der DDR abgezeichnet habe, daß es nicht zu einer raschen Übereinstimmung der unterschiedlichen Tarifniveaus kommen werde. Arbeitsaufnahmen von DDR-Pendlern könnten in West -Berlin in verschiedenen Bereichen ein Lohndumping verursachen. „Langzeitarbeitslose werden dann noch mehr an die Seite gedrängt“, sagte Frau Kampfhenkel. Bereits jetzt sei in West-Berlin ein großer Teil sogenannter geringfügig Beschäftigter aus Ost-Berlin und Potsdam tätig. Die SPD wolle daher über das Abgeordnetenhaus im Bundesrat auf die Streichung der 490-DM-Geringfügigkeitsgrenze hinwirken.

Weitere Punkte einer aktiven Arbeitsmarktpolitik für den Großraum Berlin sind nach den SPD-Vorstellungen die Entwicklung von betrieblichen und überbetrieblichen Modellen für Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften, die Schaffung von Anreizen zur Stärkung der Mobilität von Arbeitskräften und eine vermehrte Bekämpfung der Schwarzarbeit. Die SPD tritt auch für eine Anpassung der DDR -Sozialgesetzgebung an das Bundessozialhilfegesetz ein. In diesem Zusammenhang kündigte Frau Kampfhenkel eine Initiative ihrer Fraktion für eine erneute Diskussion über die Schaffung einer sozialen Grundsicherung im Falle von Invaliditäts- und Altersrenten an: „Die Rentenreform 1992 muß noch einmal neu diskutiert werden.“

dpa

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