: Arafat für UNO-Friedenstruppe
■ Abkehr von panarabischer Streitmacht / PLO-Chef geht auf leichte Distanz zu Saddam Hussein Scharfe Kritik an den USA / Die PLO-Position sei bislang „verzerrt dargestellt“ worden
Aus Genf Andreas Zumach
Der PLO-Vorsitzende Yassir Arafat forderte gestern den Abzug aller in der Golfregion stationierten „fremden“ Streitkräfte und ihren Ersatz durch UNO-Friedenstruppen. Bislang hatte die PLO einer panarabischen Streitmacht den Vorzug gegeben. In scharfen Worten kritisierte Arafat die „Doppelmoral der USA“ gegenüber den verschiedenen Problemen im Nahen Osten. Seit Beginn der aktuellen Golfkrise gebe es eine „Kampagne zur Verzerrung und Diffamierung“ der Position der PLO.
Arafat machte diese Äußerungen in einer Rede vor Organisationen, die im Palästina-Konflikt engagiert sind. Aus Anlaß des 1.000. Tages der Intifada am 3. September war der PLO-Vorsitzende seit langem als Redner angekündigt, hatte jedoch wegen der Golfkrise kurzfristig abgesagt. Mit der Forderung nach Ersatz aller „fremden“ Streitkräfte - und damit auch der irakischen in Kuwait - durch UNO -Friedenstruppen begab sich Arafat erstmals auf leichte Distanz zum irakischen Regierungschef Saddam Hussein. Wie Hussein verlangte Arafat eine gemeinsame Lösung „aller Probleme in der Region - im Golf, in Kuwait, in Palästina, im Libanon und auf den Golanhöhen“. Unter Anspielung auf die von Israel besetzten Gebiete forderte der PLO-Chef, die gegen Irak verhängten Sanktionen seien „aufzuheben und gegen jeden Staat zu verhängen, der den Abzug von Besatzungstruppen verweigert“. Israel eskaliere „hinter dem Rauchvorhang der Golfkrise die grausamen Praktiken gegen das palästinensische Volk“.
Die Golfkrise enthülle die „blinde Bevorzugung Israels durch alle US-Regierungen seit 1948“, erklärte Arafat. Immer wieder habe Washington ein Eingreifen der UNO gegen die Besetzungspolitik Israels verhindert - zuletzt im Mai dieses Jahres, als die Entsendung einr UNO-Beobachtergruppe in die besetzten Gebiete am Veto der USA im UNO-Sicherheitsrat scheiterte. Dies stehe in „eklatantem Widerspruch“ zum Verhalten Washingtons gegenüber Irak in der aktuellen Golfkrise. Die scharfe Kritik Arafats an Washington mache deutlich, daß die PLO keine Hoffnung mehr an den im Dezember letzten Jahres mit Washington aufgenommenen Dialog knüpfe, erklärten Diplomaten in Genf. Andere BeobachterInnen werteten die Äußerungen Arafats lediglich als taktisches Zugeständnis an die AnhängerInnen Husseins unter den Palästinensern.
Im aktuellen Golfkonflikt nehme die PLO die Rolle eines „um politische Lösungen bemühten Vermittlers“ ein, erklärte Arafat und begründete damit die Ablehnung der von der Arabischen Liga nach dem Einmarsch Iraks in Kuwait beschlossenen Resolution durch die PLO. Diese Resolution habe nur „Verurteilungen des Irak“, jedoch „keine Lösungsvorschläge“ enthalten.
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